Garesch-Reiterei: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 2. Juli 2016, 16:15 Uhr
„Wer taub, blind und stumm ist, lebt hundert Jahre in Frieden.“
sizilianisches Sprichwort
[1]:
Inhaltsverzeichnis
Garesch-Reiterei: Sozial
Auch wer nie dort war, weiß, dass die beiden weiten Flusstäler der Baronie Garesch eine der reichsten Gegenden der Grafschaft Arbon und damit aller Trigardonischen Länder sind. Wer sich aber dort länger aufgehalten hat, als für eine schnelle Durchreise nötig, kann noch eine weitere Besonderheit beobachten: Im Sommer, wenn es warm ist, fürchtet sich niemand, im Freien zu nächtigen. Pranger gehören zwar zum Alltag, sind aber viel seltener zu sehen, als anderswo. Bettelnde Krüppel, denen für einen Diebstahl die Hand abgeschlagen wurde, sucht man vergebens. Die beliebten, blutigen Geschichten von Mördern und Totschlägern werden auch hier in den Wirtshäusern gerne erzählt, spielen aber nie Daheim, sondern immer in der Fremde. Fast gänzlich fehlen Erzählungen von herrschaftlichem Strafgericht oder gar Fehde zwischen Edlen. Es kommt auch nie zu Streit, wenn Pachten oder Abgaben eingezogen werden. Es scheint, als gäbe es keine Gesetzesbrüche in der Baronie Garesch. Es verschwinden nur manchmal Leute. Neben Krankheit und Alter ist die häufigste Todesursache ein unglücklicher Unfall, bei dem alle Hilfe zu spät kam. Treppensturz, im Fluß ertrunken, vom Herdfeuer mitsamt dem Haus verschlungen. Obwohl die Nachbarn nie ein Wort darüber verlieren, wissen sie alle, dass der eine oder andere Haushaltsunfall eben der Preis des Friedens ist...
Nicht nur in Garesch, sondern am ganzen südlichen Arbostrom, liegt der meiste Grundbesitz in den Händen von nur wenigen reichen Bauern und Edlen. Die meisten Freien sind Pächter, selbst die Handwerker können ihre Werkstätten nur selten ihr Eigentum nennen. Der Anteil an Leibeigenen an der Gesamtbevölkerung ist auch am Arbotal gering, aber höher als überall sonst in Trigardon. Am Großen Strom sind Bauern mit eigenem Grundbesitz in der Regel Großgrundbesitzer. Im alltäglichen Leben ist ihr Status der Gleiche, wie der von geringen Edlen.
Status ist in Trigardon stets eine kriegerische Angelegenheit. Vom Letzten Großen Stammeskrieg gegen die Flutländer können die alten Leute noch eigene Heldentaten berichten. Als der Frieden kam, war die Landverteilung am Arbo längst zugunsten der besser Bewaffneten stabil geregelt. Militärische Tugenden werden vom Adel grundsätzlich erwartet. Edle ohne Titel und Grundherrschaft sind im Verhältnis zu titulierten Adeligen sehr zahlreich in Arbon. Dass vor knapp zwanzig Jahren auch der Ritter zu einem Adelstitel gemacht wurde, hat daran nichts geändert. Selbst ledige Edelfrauen, die nicht im Klerus, in einem Hofamt oder der Verwaltung eines eigenen oder fremden Lehens untergekommen sind, unterliegen dem sozialen Druck, selber kämpfen zu müssen. Und das Gesetz verlangt auch von den Freien, Kriegsdienst zu leisten und Waffen zu besitzen. In der Baronie Garesch wird diese Dienstpflicht gegenüber den Pächtern sehr großzügig gehandhabt, die Nachbarn werfen dem Baron hinter vorgehaltener Hand sogar Laxheit vor. Er und sein Lehnsherr aber wissen, dass zum Ausgleich die Großgrundbesitzer ihren Kriegsdienst übererfüllen und wie nützlich dieser Umstand ist. Denn das Gesetz verlangt von allen Grundbesitzern mit eigenen Pächtern, dass sie nicht nur bewaffnet, sondern auch beritten und gerüstet im Heer zu erscheinen haben. Das riesige Bauernheer, das im südlichen Längstal theoretisch aufgestellt werden könnte, ist ohnehin längst zu einer Reserve für den Verteidigungsfall verkommen.
In den Entwürfen für ein reformiertes Reichsgesetz werden beide Klassen, Edle ohne Titel und grundbesitzende Wehrpflichtige mit eigenen Pächtern, pathetisch als "Stand der Waffenprächtigen" zusammen gefasst. In Garesch ist der Begriff "Reiter" das alltagssprachliche Synonym dafür. Dass dieser Stand eigentlich Individuen aus zwei verschiedenen Ständen in sich vereint, ist im militärischen Bereich kaum zu bemerken, die Unterschiede treten erst vor Gericht, bei den Heiratschancen, Erbschaften und den Möglichkeiten der freien persönlichen Entfaltung hervor:
- Aufgrund von Sippensolidarität können die Edlen sich vor Gericht fast immer auf die Unterstützung mächtigerer Adliger verlassen. Freie könne höchstens darauf hoffen.
- Die Heiratschancen der Kinder von Großgrundbesitzern sind ausgezeichnet und lassen nicht selten eine persönliche Wahl und/oder eine sehr frühe Hochzeit zu, während geringe Edle mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr Leben Ehe- und Titellos verbringen müssen und ihr persönlicher Handlungsspielraum in diesen Bereichen so gut wie nicht vorhanden ist.
- Edle haben eine weit bessere Chance, in einem Kloster aufgenommen zu werden, während die Kinder von Grundbesitzern im zivilen Leben grundsätzlich zwar Bauern sind, aber praktisch jede Handwerkstätigkeit erlernen können, die ihnen zusagt.
Der Baron von Garesch, Volkan Sarymor anh Garesch der Zweite, hat noch nie übermäßiges Interesse an Dienstrittern gezeigt. Er hat welche, aber es sind weniger als mache andere arbonische Barone haben. Sein Steckenpferd ist die Reitertruppe, die er aus dem Stand der Waffenprächtigen auf seinem Land geformt hat. Man nennt sie die Reiter des Barons oder schlicht die Garesch-Reiterei und ihr Erkennungszeichen ist der blaue Seidenstreifen auf dem Mantel, der häufig mit dem Hauswappen ihres Herrn, den drei goldenen Weizenähren, bestickt ist. Der Mantel ist ein persönliches Geschenk des Barons, der jedem Reiter nach dem Abschluss einer gewissen Ausbildung in einem Gespräch unter vier Augen überreicht wird. Obwohl eigentlich niemand darüber spricht, hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Mantel nur Dem überreicht wird, der zuvor einen geheimnisvollen Initiationsritus mit blutigem Eid durchlaufen hat. Auch will die böse Lüge einfach nicht verstummen, dass ein Reiter nur dann das Recht auf diese Initiation erworben hat, wenn er zuvor einen Mord oder ein anderes verdammungswürdiges Verbrechen im Auftrag eines anderen Initiierten begangen hat.
Wer den blauen Seidenstreifen trägt, erhält auf dem Land des Barons Gastrecht bei den Bauern, muss sich keine Gedanken um eine saubere Schlafstelle und ein warmes Mahl im Wirtshaus machen ("Das geht auf´s Haus", sagt dann stets der Wirt) und fährt wann er will mit den Fähren des Herrn auf Arbo und Derian ("Ist schon bezahlt", sagt dann der Fährmann). Die einfachen Leute suchen die blauen Seidenstreifen auf und erzählen ihnen von ihren Sorgen. Wer im Streit mit dem Nachbarn lag, schließt nach einem solchen Gespräch schnell Frieden. Wer mit der Pacht im Verzug ist, geht zum blauen Seidenstreifen und bittet um Aufschub. Und manchmal konnten Fremde des Nachts mehrere Reiter einen Hof aufsuchen gehen, der danach in Flammen aufging. Aber kein Nachbar erinnerte sich jemals daran. Keiner hatte es gehört, gesehen oder überhaupt davon gesprochen.
Garesch-Reiterei: Politisch
Unter Hochfürst Karoman dem Zweiten wurde im Jahre 21 n. K. der Ritter zum Adelstitel. Dies geschah nicht etwa, um den Adel mit einem weiteren, sinnentleerten Titel zu versorgen, sondern um die Elite der Reiter eidlich an sich persönlich zu binden, im Gegenzug verteilte er Renten und Lehen an sie, welche er wiederrum von den Grafen nahm. Nach seinem Sturz behaupteten die Grafen das Recht zum Ritterschlag für sich. Fortan durften sich Arbonier nur noch dann Ritter nennen, wenn sie vom Grafen von Arbon persönlich dazu geschlagen worden waren. Und so ist es bis heute.
Es war stets die Politik des Hauses Garesch, bei den Verbündeten persönliche Abhängigkeiten zum eigenen Sippenoberhaupt herzustellen. Bei den Sippen der Freien ist dies erst militärisch, dann wirtschaftlich und rechtlich geglückt, so dass auch politische Stabilität erreicht wurde. Bei den Edlen sind Heiratspolitik und Lehensvergabe die Mittel der Wahl, um Gleiches zu erreichen. Als der persönliche Eid der Ritter an den Hochfürsten oder Grafen eingeführt wurde, reagierte der Baron darauf mit verstärktem Interesse für die Eheverbindungen bei den Sippen der Vasallen: Wann immer ein Vasall des Hauses Garesch zum Ritter geschlagen wird, wird er auch sogleich verheiratet – und zwar mit einer Angehörigen der Sippe Garesch. Entweder steht für den neuen Ritter ein Lehen zur Verfügung, dann geht die Ehepartnerin in seine Sippe über, oder es steht kein Lehen zur Verfügung, dann wechselt er mit der Hochzeit in die Sippe Garesch über und wird Dienstritter des Barons oder eines seiner Vasallen. Auf diese Art und Weise sind bislang sämtliche Herrinnen der Ritterlehen in der Baronie ursprünglich geborene Garesch und die meisten Dienstritter, beim Baron wie bei den Vasallen, haben den Baron zum Sippenhaupt.
In der Haustruppe, der Garesch-Reiterei, sind keine Ritter vertreten. Wann immer jemand von Ihnen versehentlich in die Lage kam, für einen Ritterschlag vorgeschlagen zu werden, vertrat Dieser Vehement die Position, dieser Ehre nicht würdig zu sein. Auf Reisen und auf dem Schlachtfeld mögen die Ritter der Baronie und die Reiter des Barons Seite an Seite stehen, im Alltag aber werden eher voneinander separiert. Die Angehörigen der Garesch-Reiterei sind nach dem Gesetz dem Grafen und Hochfürsten zur Heerfolge verpfichtet, aber der einzige Eid, den sie einem Herren geschworen haben, gilt Volkan Sarymor, den sie demütig "Unseren Lieben Patron" nennen. Wären sie alle versammelt, würde ihre Zahl, Ausbildung und Bewaffnung ausreichen, um bei den Vasallen jeden Gedanken an Unfrieden im Keim zu ersticken, aber seit über dreissig Jahren hat diesen Gedanken niemand mehr gedacht. Es gibt keine Fehden innerhalb der Baronie. Es verschwindet nur, sehr, sehr selten, der eine oder andere Edle.
Garesch-Reiterei: Militärisch
Die Reiter des Barons erhalten keinen Sold. Stattdessen sind geringe Ablösesummen üblich, die der Baron den Eltern oder Ehepartnern der Reiter zahlt, wenn sie über das übliche Maß hinaus und fern von den Höfen ihrer Familien Kriegsdienst leisten. Die eigentliche Bezahlung der Reiter besteht in den kleinen Geschenken ihres Herrn, der materiellen Grundsicherung, die der Baron ihnen und ihren Angehörigen im Falle von Unglück und Schicksalsschlägen gewährt und nicht zuletzt in dem Status, den sie in der Baronie genießen. Dank dieser Leistungen kann der Baron jederzeit, unabhängig von Jahreszeiten und landwirtschaftlichen Arbeitszyklen, auf ein nennenswertes Kontingent seiner Haustruppe zugreifen.
In der Regel müssen edle Arbonier als Kinder kaum etwas Anderes als kriegerische Fertigkeiten erlernen. Und dem Anspruch nach haben sich auch alle Freien Arbonier von Kindesbeinen an im Bogenschießen, Ringkampf und Messerkampf zu üben. Bei den Kindern der Großgrundbesitzer der Baronie Garesch wird dieser Anspruch zumeist sehr angemessen erfüllt. Im Alter zwischen Siebzehn und Einundzwanzig wird von ihnen erwartet, dass sie zusätzlich gute Reiter geworden sind und Grundkenntnisse mit verschiedenen anderen Waffen erworben haben. Denn in diesem Alter werden sie für ein Jahr aus ihren Familien geholt und in wenigen zentralen Kastellen gemeinsam mit den jungen Edlen, die für die Garesch-Reiterei vorgesehen sind, ausgebildet. Es ist nicht unüblich, dass selbst die Knappen der Dienstritter dieses Lehrjahr absolvieren. Permanente Kasernierung ist in Trigardon nur bei den bewaffneten, religiösen Orden und den Dienstritterschaften der größten Haushalte des Reiches üblich, daher ist die einjährige Ausbildung der Garesch-Reiterei im Landesvergleich eine der professionellsten, die Angehörige des Standes der Freien bekommen können. Obwohl die einzelnen Reiter eigentlich für ihre Ausrüstung selbst verantwortlich sind, hat Volkan Sarymor es sich zur Angewohnheit gemacht, sie unterstützend aus seinen eigenen Waffenkammern und Stallungen auszurüsten, um ein einheitliches Qualitätsniveau und hohe Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Insbesondere die Pferde, die sein Vater einst von dem Gestüt der Barone von Argaine (dem berühmtesten des ganzen Reiches) für seine Haustruppe hat züchten lassen, haben überaus nützliche Eigenschaften: Sie sind folgsam, ausdauernd, zäh und verhältnismäßig kostengünstig. Und auch sie werden, wenn möglich, gemeinsam zugeritten und für den Kampf abgerichtet. So können die Garesch-Reiter im Felde leicht ihre Pferde austauschen und sich bei Verlust eines Tieres Ersatz beschaffen, ohne sich gleich persönlich zu ruinieren. Nicht zuletzt an dieser Stelle kommt auch die Bindungskraft von zinsfreien Kediten und kleinen Geschenken zur Geltung.
Seit dem Altbergischen Aufstand (22 n. K.) und der darauf folgenden Montrowischen Plage (25 n. K.) hat die Garesch-Reiterei nicht mehr als nennenswertes Kontingent an einem Krieg teilgenommen. Der Baron hat aber sorgsam darauf geachtet, dass sie in jedem Feldzug mit arbonischer Beteiligung als kleine Gruppe mitkämpften. Die Erfahrungen dieser Unternehmen fließen in die Ausbildung mit ein.
Für die südlichen Grenzläufer, dem einzigen permanent besoldeten Heeresteil Arbons, der an der Grenze zu den feindseligen Anreanischen Landen seit vielen Jahren zuverlässig Wache hält, stellt die Garesch-Reiterei zur Unterstützung größere Abteilungen mit sehr gutem Ruf. Insbesondere die zusätzliche Besoldung durch den Grafen macht die kräftezehrende Dienstzeit dort keineswegs unbeliebt. Im Gegenteil: Auch der Baron nutzt gerne die Gelegenheit, landlose Ritter seiner Sippe für eine Weile bei den Grenzläufern unterzubringen, wo sie versorgt sind und ihn nichts kosten. Die zusätzliche Unterstützung durch die Garesch-Reiterei gehört ohnehin zu seinen Lehenspflichten gegenüber dem Grafen. Durch ein Rotationsprinzip kann er überdies sicher stellen, dass jeder Garesch-Reiter eine gewisse Zeit an der Grenze gedient hat, so dass seine gesamte Haustruppe gemeinsame Erfahrungen macht, die sie wenigstens in die Nähe eines Veteranenstatus rückt.
Obwohl Status und Bezeichnung sie als "Reiter des Barons" ausweisen, sind sie taktisch nicht auf die Rolle der Reiterei festgelegt. Traditionell bringt die Steppe die besten Schützenreiter, das nördliche Längstal die besten Lanzenreiter und das Bergland die besten Fußkämpfer hervor. Ziel der Garesch-Reiterei ist es, gleichzeitig in all diesen Dingen am zweitbesten zu sein. Im Einzelnen mag man sich darüber streiten, ob sie dieses Ziel erreichen. Tatsächlich können sie aber bei ausreichender Ausrüstung und Gruppenstärke zuverlässig fünf verschiedene Rollen auf dem Schlachtfeld einnehmen:
- Als berittene Bogenschützen,
- als Lanzenreiter,
- als Bogenschützen zu Fuß,
- im Einzelkampf
- und im Formationskampf.
Sportlicher Wettkampf ist zwar auch bei ihnen ein beliebtes Ritual und herausragende Einzelleistungen werden geehrt und gefeiert, das gemeinsame Agieren wird jedoch ernster genommen, als persönlicher Heldenmut. Sie sind nicht niederschmetternd, sondern solide, nicht bekannt für heroische Tapferkeit, sondern für Disziplin.
Siehe Auch:
Baronie Garesch