Test: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
+ | |||
+ | == Das Szenario == | ||
+ | |||
+ | <div class="mw-collapsible mw-collapsed" style="width:100%"> | ||
+ | Vor langer, langer Zeit, am Ende dunkler Jahrhunderte oder kurz danach, als man das Alte noch höher schätzte als das Neue aber schon wusste, dass es sich im Heute besser leben lässt als im Gestern, lag einsam, von der Seidenstraße vergessen, Arbons Edoras am Rand des Hindukusch, unweit des Schwarzen Meeres. Wollte man von hier aus das Camelot der Hochfürsten erreichen, ohne sich in den sibirischen Nebeln des flutländischen Hochmoors zu verirren, folgte man einfach der Donau bis zu ihrer Mündung am Baikalsee. Das Ziel lag an der Stelle, wo der Kaukasus auf das Karpatenbecken stößt. Diese Gegend nannte man Trigardon. | ||
+ | |||
+ | In diesem Land verband man nichts mit den Namen von Atlantis, Gondolin, Jerusalem und Valinor. Weder Ahnengeister, noch Zwerge oder Hobbit kannten Geschichten darüber und die Elben fragte man nicht. Die Trigardonen hatten noch nie vom Untergang Numenors oder Roms gehört und konnten sich auch nicht vorstellen, dass es ein Weltreich wie das des Dschingis Khan jemals geben würde. Stattdessen erhofften sie sich eine Wiederkehr der goldenen Tage des alten Gar, ersehnten den Anbruch der immerwährenden Tagnacht, erträumten in den Heldengeschichten der Vorfahren ihre eigene ruhmreiche Zukunft... | ||
+ | <div class="mw-collapsible-content"> | ||
+ | Das Szenario, das wir mit Trigardon bespielen, basiert im Kern auf zwei sehr klassischen Grundlagen: Ein paar Klänge Völkerwanderung, Rittertum und Druidenmystik spielen die Melodie alter und moderner König-Arthus-Lieder, begleiten uns auf der Wanderschaft in Tolkiens ausgetretenen Fußstapfen, wo wir Elben, Zwergen, Hobbits, Orks und Trollen begegnen. Wir schwimmen gemütlich im Fantasy-Mainstream und wollen das auch so, denn es macht uns in viele Richtungen anschlussfähig. Doch was uns ausmacht sind die Dissonanzen im Lied, die Stolpersteine auf der Wanderung, die unvorhergesehenen Wirbel und Untiefen im Strom. Wir legen großen Wert auf einige Abweichungen von den üblichen Fantasy-Konventionen. | ||
+ | |||
+ | Bei Orks und anderen Monstren folgen wir zwar dem Klischee – sie sind schrecklich und schreck-lich böse. Doch die Elben werden von den Trigardonen anders wahrgenommen, als es in der Tolkien-Tradition üblich ist. Sie sind nicht das schöne, uralte Volk entrückter Weisheit, sondern Ver-stoßene: Unheimliche, fremde Wesen der Täuschung und Verlockung, zuweilen bösartige, auf je-den Fall gefährliche Geschöpfe, die man meiden sollte. Die Rolle des melancholischen, im Schwin-den begriffenen Lehrervolkes haben eher die Zwerge. Aber die Überzeugung, Krone der Schöpfung zu sein, macht die Menschen zu schlechten Schülern. | ||
+ | |||
+ | Sie haben jedoch leider nicht das Glück, in der Kontinuität einer uralten Zivilisation zu stehen, die ihnen die Jahrtausende überliefert hätte. Ihre Gegenstücke zu den alten Griechen haben nicht mehr als ein paar sozusagen "homerische" Mythen hinterlassen. Man blickt stolz auf ein halbes Jahrhundert spärlicher schriftlicher Zeugnisse und eine vielfach gebrochene, magisch-verklärte mündliche Überlieferung zurück; mehr ist nicht geblieben. Trigardon liegt nicht in der historischen "Epochenstase" klassischer Fantasywelten, wo sich die Verhältnisse jahrhundertelang nicht verändern. Langsame Transformationsprozesse und politische Umbrüche sind Teil des Szenarios. | ||
+ | |||
+ | Den meisten Entwürfen klassischer Fantasywelten liegt eine eurozentrische Perspektive zugrunde. Auch Trigardon kann sich davon nicht gänzlich lösen. Aber es war nie Teil des christlichen Europas und gehört auch zu keiner seiner unendlich vielen Fantasy-Übersetzungen. Wir orientieren uns an den europäischen Epochen, die den Arthus-Flair ausmachen. Früh- und hochmittelalterliche Merkmale existieren auch in unserem Szenario fröhlich nebeneinander her wie in den ersten Nie-derschriften der Sage. | ||
+ | |||
+ | Doch das trigardonische Spielgefühl entsteht durch die Kombination mit der anderen großen Inspirationsquelle, den zentralasiatischen Elementen. Diese nutzen wir in erster Linie, um unserer Darstellung etwas Exotisches und Fremdes beizumischen, was in produktivem Culture-Clash-Spiel resultiert. Gemessen am idealisierten Fäntelalter-Standard sind Trigardonen barbarisch, halten sich aber mit Berufung auf ehemalige Hochkulturen für hochzivilisiert. | ||
+ | |||
+ | Die Mischung aus archaischen (Sippenwesen, Geisterglaube) und grob-mittelalterlichen gesell-schaftlichen Strukturen (Lehnswesen, Ritterstand) stellen wir als lebendiges, in einem Umbruch befindliches Gebilde dar. Es ermöglicht den Austausch mit einer großen Bandbreite an anderen Fantasy-Kulturen, passt sich aber nicht opportunistisch an. Dass Trigardon die unspezifische Rand-zone einer unspezifischen Hochzivilisation ist, lässt uns einerseits große Freiheiten und fordert uns andererseits auch immer heraus, Andersartigkeit betont herauszustellen und damit im Spiel an-zuecken. | ||
+ | |||
+ | Dementsprechend gestalten wir auch unsere Figuren. Sie sind nicht orientiert an mittelalterlich-romantisierten Bildern von drachentötenden Paladinen und artig-züchtigen Frauenzimmern, sondern leben in einer Grauzonenrealität. Sie sind das Produkt ambivalenter gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen Mut und Gerechtigkeitsideale unauflösbar mit Ungleichheit und Alltagsgewalt verbunden sind. | ||
+ | |||
+ | Nicht der epische Kampf zwischen Gut und Böse (oder "Harmonie und Schlechtigkeit", wie man in Trigardon sagt) bestimmt das alltägliche Leben. Die Helden unserer Geschichten erleben zwar auch das Wunderbare und Schreckliche auf ihren Abenteuerreisen, verfolgen aber zumeist die Ziele echter Menschen: Die Hoffnung auf Erfolg, Anerkennung durch Freunde und Familie, die Sorge um die nahe und ferne Zukunft und die Suche nach Halt in einer verwirrenden Zeit. | ||
+ | |||
+ | Wann und wo wäre Trigardon also in unserer "Secondary World", dem Fantasy-Gegenstück der realen Welt anzusiedeln? Vor langer, langer Zeit, am Ende dunkler Jahrhunderte oder kurz danach, zwischen Edoras und Camelot, wo der Kaukasus auf das Karpatenbecken stößt und die Donau in den Baikalsee mündet. | ||
+ | </div> | ||
+ | |||
+ | |||
+ | == Herrschaftsform und Recht == | ||
+ | |||
+ | |||
+ | „''Achte die Gesetze, denn sie geben dem Recht Bestand. Denn siehe: Gesetze zwingen einen Jeden zu gerechten Taten und Gerechtigkeit unter den Menschen lässt die Harmonie der Seelen erklingen.''“ | ||
+ | <div class="mw-collapsible mw-collapsed" style="width:100%"> | ||
+ | An der Spitze des Reiches stehen die Hochfürsten, die durch eine Mischform aus Wahl- und Erbrecht bestimmt werden. Hochfürst Emendon anh Erlenfels ist zugleich das Oberhaupt des größ-ten trigardonischen Stammes, der Arbonier. Deswegen spricht man von seinem Reich auch als dem „arbonischen Reichsteil“, während man das Reich von Hochfürstin Marsiane anh Crul nach dem zweitgrößten Stamm den „flutländischen Reichsteil“ nennt. | ||
+ | <div class="mw-collapsible-content"> | ||
+ | Die Arbonier weisen ihrem Hochfürsten nicht nur die Rolle des repräsentativen Staatsoberhaup-tes, sondern auch die eines aktiven Regenten mit oberster Autorität in Kriegsfragen und beson-derer Nähe zu göttlichen Schicksalsmächten zu. Als Mann, der Stabilität in Krisen und Kontinuität in Umbrüchen bewahrte, genießt Emendon große Zustimmung in der überaus konservativen Be-völkerung seines Reichs. Dennoch benötigt er für seine Herrschaftsausübung die Unterstützung des Adels und der spirituellen Autoritäten aus allen Stämmen und Regionen seines Machtbereichs. Insbesondere mit den sogenannten „Großen“ (Barone, Äbte, gräfliche Richter etc.) muss politisches Einvernehmen herrschen. | ||
+ | |||
+ | Vor Ort werden die meisten täglich relevanten Hoheitsrechte von lokalen Grundherrinnen, ritter-lichen Grundherren und ihren Verwalterinnen ausgeübt. Diese sind miteinander, mit den Großen und mit dem Hochfürsten durch ein dichtes Geflecht von Vasallen-, Verwandtschafts- und weite-ren sozialen Beziehungen verbunden. | ||
+ | |||
+ | Der arbonische Reichsteil besteht aus drei unterschiedlich großen gräflichen Gerichtsbezirken, die teilweise in weitere, ungefähr gleich große autonome Verwaltungseinheiten gegliedert sind. Insgesamt gibt es zehn davon: Die sieben Baronien der Grafschaft Arbon, die zwei Baronien der Ostprovinz und die nicht weiter untergliederte Grafschaft Altberg. Weitere Territorien sind das Fürstentum Okostria und das Ringland, die in den Strukturen des Reiches aber bislang keine gro-ße Rolle spielen. Das Ringland dient vor allem als Rückzugsort für die Streitkräfte, die das neu eroberte Okostria unter Kontrolle halten sollen. | ||
+ | </div> | ||
+ | So gut wie alle Einwohner von Arbon, Altberg und der Ostprovinz gehören einem von fünf Stämmen an, die eine jeweils eigene politische Identität und eigene lokale Rechtstraditionen pflegen. | ||
+ | </div> | ||
+ | <div class="mw-collapsible mw-collapsed" style="width:100%"> | ||
+ | <div class="mw-collapsible-content"> | ||
+ | In der Grafschaft Arbon leben vor allem Arbonier, auch „Stamm des Natan“ genannt, die nicht nur dort, sondern insgesamt die Bevölkerungsmehrheit stellen und kulturell dominieren. Es ist nicht ungewöhnlich, arbonische Sippen oder Einzelpersonen mit arbonischen Wurzeln in allen Regionen des Reiches und vereinzelt auch jenseits seiner Grenzen vorzufinden. | ||
+ | |||
+ | Ebenfalls in Arbon lebt das „Kleine Volk“, Zwerge und Hobbit, die so symbiotisch zusammenleben, dass sie sich seit langem auch selbst als gemeinsame Gruppe wahrnehmen. Sie sind nicht zahlreich. Selbst in der von ihrem Oberhaupt beherrschten Baronie Harog sind sie nicht in der Mehrheit. | ||
+ | |||
+ | Daneben gibt es die Altberger, die sich erst vor zwei Jahrzehnten mehr oder weniger freiwillig dem Trigardonenreich anschlossen und in der Grafschaft Altberg starke Autonomierechte bewahren. Ihre Namenstraditionen und Sitten, ihre Tracht und ihr patriarchalisches Verwandtschaftskonzept unterscheiden sie recht deutlich von Arboniern und Montrowen. | ||
+ | |||
+ | „Montrowen“ nennt man Nachkommen der sogenannten Inselvölker, die in Arbon siedelten und sich im Verlauf der letzten vierzig Jahre mit den Arboniern und den Altbergern vermischten. Ihre Familienstrukturen und althergebrachten Kulte ähneln denen der Arbonier, sodass Au-ßenstehenden die eindeutige Zuordnung eines Bewohners der Baronie Montrowia nicht immer sofort gelingt. | ||
+ | |||
+ | Beim „Stamm des Cajetan“ handelt es sich nicht im eigentlichen Sinn um eine ethnische Gruppe, sondern um die heterogene Bevölkerung der Ostprovinz, denen der Kult um den Heiligen Cajetan zunehmend eine gemeinsame Identität verleiht. Diese Region wurde erst vor etwas mehr als einem Jahrzehnt erobert. Die wenigen menschlichen Ureinwohner sind Teil einer Gesellschaft geworden, die vor allem aus Siedlern besteht. Angehörige verschiedener Inselvölker und Arbonier stellen die beiden größten, aber bei weitem nicht die einzigen Siedlergruppen dar. | ||
+ | </div> | ||
+ | Die trigardonische Rechtsprechung verlässt sich nicht auf einen umfassenden Gesetzeskorpus. Die geschriebenen Gesetze nimmt man durchaus sehr ernst. Sie haben aber nicht den Anspruch, jeden möglichen Streitfall mit einer Regel zu versehen, sondern sind eher als grobmaschiges Netz zur Klärung von Zuständigkeiten zu verstehen. Glaube und Überlieferung sagen den Menschen, was Recht und Sitte ist. Als eigentliche Quelle der Rechtsprechung dienen traditionale, mündlich überlieferte Rechtsnormen in Verbindung mit dem religiösen Gerechtigkeitsbegriff. | ||
+ | </div> | ||
+ | <div class="mw-collapsible mw-collapsed" style="width:100%"> | ||
+ | <div class="mw-collapsible-content"> | ||
+ | Obwohl die Religion dem Recht buchstäblich sakrale Bedeutung zuweist, ist Trigardon nach modernen, realweltlichen Maßstäben kein Rechtsstaat. Viele Formen von Selbstjustiz werden allgemein akzeptiert. Man glaubt, dass es die Aufgabe aller ist, dem Recht zur Geltung zu verhel-fen und eine Gesellschaft, in der nur eine Minderheit dazu bereit ist, dafür zu den Waffen zu greifen, verloren sein muss. Edle zeigen die Ernsthaftigkeit eines Standpunktes oder Anspruchs damit, dass sie ihn notfalls auch mittels Fehde verteidigen. | ||
+ | |||
+ | Gütliche Einigungen mit „freiwilligen“ Entschädigungsleistungen und ohne eindeutige Schuldzu-weisung werden harten Bestrafungen grundsätzlich vorgezogen. Eine der wichtigsten Rechts-normen lautet "Wo kein Kläger, da kein Richter!“ Doch auch das Institut der Rache gehört zu den gängigen Schutzpflichten von Vasallen-, Verwandtschafts- und sonstigen sozialen Verbänden. Sie steht nicht grundsätzlich in Konflikt mit dem Gesetz. | ||
+ | |||
+ | Die meisten rechtlichen Probleme werden innerhalb überschaubarer Gruppen gelöst. Über Strei-tigkeiten, die zwischen eigenen Hörigen, Gefolgs- oder Lehensleuten bestehen, richten die entsprechenden Adeligen und Sippenoberhäupter allein. Einmischung äußerer oder sogar höherer Instanzen kann heftigen Widerstand provozieren. | ||
+ | |||
+ | Es gibt aber auch bestimmte Regeln, mit denen überregional mehr oder weniger auf die gleiche Weise umgegangen wird und durchaus Gegenstand obrigkeitsstaatlicher Kontrollen sind. "Un-wissenheit schützt vor Strafe nicht!" ist ebenfalls eine der wichtigsten Rechtsnormen. So ist die Todesstrafe für Hochverrat, Desertation und schwere Götterlästerung reserviert, andere Kapital-verbrechen ziehen die Vogelfreiheit nach sich. Mit öffentlichem Spott wird unter Verweis auf die Bardenfreiheit recht großzügig umgegangen, dagegen ist die Ausübung von „schwarzer Kunst“ (deren Definition allerdings variieren kann) streng verboten. Orks, Trolle und andere furchterre-gende Wesen werden gern als „Bestien“ oder „Menschtiere“ in einen Topf geworfen. Sie gelten, ebenso wie Straßenräuber, per se als Vogelfrei. | ||
+ | </div> | ||
+ | |||
+ | |||
== Mythos und Geschichte == | == Mythos und Geschichte == | ||
+ | |||
"''Gedenke der Ahnen, denn ihr Schicksal offenbart den Göttlichen Pfad. Siehe: Die Brücke zur Zukunft heißt Vergangenheit.''" | "''Gedenke der Ahnen, denn ihr Schicksal offenbart den Göttlichen Pfad. Siehe: Die Brücke zur Zukunft heißt Vergangenheit.''" |
Version vom 8. Januar 2018, 00:58 Uhr
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Das Szenario
Vor langer, langer Zeit, am Ende dunkler Jahrhunderte oder kurz danach, als man das Alte noch höher schätzte als das Neue aber schon wusste, dass es sich im Heute besser leben lässt als im Gestern, lag einsam, von der Seidenstraße vergessen, Arbons Edoras am Rand des Hindukusch, unweit des Schwarzen Meeres. Wollte man von hier aus das Camelot der Hochfürsten erreichen, ohne sich in den sibirischen Nebeln des flutländischen Hochmoors zu verirren, folgte man einfach der Donau bis zu ihrer Mündung am Baikalsee. Das Ziel lag an der Stelle, wo der Kaukasus auf das Karpatenbecken stößt. Diese Gegend nannte man Trigardon.
In diesem Land verband man nichts mit den Namen von Atlantis, Gondolin, Jerusalem und Valinor. Weder Ahnengeister, noch Zwerge oder Hobbit kannten Geschichten darüber und die Elben fragte man nicht. Die Trigardonen hatten noch nie vom Untergang Numenors oder Roms gehört und konnten sich auch nicht vorstellen, dass es ein Weltreich wie das des Dschingis Khan jemals geben würde. Stattdessen erhofften sie sich eine Wiederkehr der goldenen Tage des alten Gar, ersehnten den Anbruch der immerwährenden Tagnacht, erträumten in den Heldengeschichten der Vorfahren ihre eigene ruhmreiche Zukunft...
Herrschaftsform und Recht
„Achte die Gesetze, denn sie geben dem Recht Bestand. Denn siehe: Gesetze zwingen einen Jeden zu gerechten Taten und Gerechtigkeit unter den Menschen lässt die Harmonie der Seelen erklingen.“
An der Spitze des Reiches stehen die Hochfürsten, die durch eine Mischform aus Wahl- und Erbrecht bestimmt werden. Hochfürst Emendon anh Erlenfels ist zugleich das Oberhaupt des größ-ten trigardonischen Stammes, der Arbonier. Deswegen spricht man von seinem Reich auch als dem „arbonischen Reichsteil“, während man das Reich von Hochfürstin Marsiane anh Crul nach dem zweitgrößten Stamm den „flutländischen Reichsteil“ nennt.
So gut wie alle Einwohner von Arbon, Altberg und der Ostprovinz gehören einem von fünf Stämmen an, die eine jeweils eigene politische Identität und eigene lokale Rechtstraditionen pflegen.
Die trigardonische Rechtsprechung verlässt sich nicht auf einen umfassenden Gesetzeskorpus. Die geschriebenen Gesetze nimmt man durchaus sehr ernst. Sie haben aber nicht den Anspruch, jeden möglichen Streitfall mit einer Regel zu versehen, sondern sind eher als grobmaschiges Netz zur Klärung von Zuständigkeiten zu verstehen. Glaube und Überlieferung sagen den Menschen, was Recht und Sitte ist. Als eigentliche Quelle der Rechtsprechung dienen traditionale, mündlich überlieferte Rechtsnormen in Verbindung mit dem religiösen Gerechtigkeitsbegriff.
Mythos und Geschichte
"Gedenke der Ahnen, denn ihr Schicksal offenbart den Göttlichen Pfad. Siehe: Die Brücke zur Zukunft heißt Vergangenheit."
Das Werden der Völker
Trigardonen neigen dazu, die in den Sagen ihrer Vorfahren beschriebenen Ereignisse für historische Fakten zu halten. Daher beginnt die Weltgeschichte für sie mit den mythischen Vorgängen, die den Zyklus von Tag und Nacht in Gang setzten, dem „Anbeginn der Zeit“. Der zuvor gewesene paradiesische Ursprungszustand, die „immerwährende Tagnacht“, wurde durch Streit unter den Menschen, der schließlich auf die Götter übergriff, unterbrochen. Dieser Zustand wird unweigerlich eines Tages wiederkehren. Einzig, ob die Menschheit Teil dieser vollkommenen Harmonie sein kann, bzw. welche schrecklichen Strafen sie auf dem Weg dahin noch auf sich ziehen mag, ist offen.
Im Zwist der Urzeit sehen Arbonier und Flutländer ihre Wurzeln: Die beiden „Weltväter“ erkannten als erste Menschen das Wirken der Götter. Ischan lehrte seine Anhänger die Jagd und die Schmiedekunst, sein Bruder Natan lehrte seine Schüler die Nutzung der Pflanzen und den Umgang mit der Geisterwelt. Der größere Reichtum von Natans Anhängern führte zu Neid und Zwist zwischen den Brüdern, die sich im Zweikampf gegenseitig zu Tode brachten. Ihre Anhänger setzten den Streit immer wieder fort, auch wenn sie sich über die Generationen sicherlich auch vermischten und zwischenzeitlich die Welt bevölkerten. Mit den Jahren wurden der „Stamm des Ischan“ zu den Flutländern und der „Stamm des Natan“ zu den Arboniern.
Botan, ein Nachkomme der Weltväter, der ihr Wissen über die göttlichen Mächte besaß, schwang sich zum Herrn der Sterblichen auf. Dabei gewann er Riamodan als Verbündeten, der ihm viele Geheimnisse der Götter verriet und im Gegenzug die Dienste der Menschen bekam, was ihm im Streit mit den anderen Göttern einen kurzfristigen Vorteil verschaffte. Botan missbrauchte die göttliche Kraft, Leben zu formen. Er band Lebende und Tote sowie viele Wesen der Geisterwelt mit Zauberei an seinen Willen, schuf perverse Dämonen und Menschtiere und richtete ein Blutbad unter Jenen an, die sich ihm nicht unterwerfen wollten, bis kaum noch Menschen lebten. Die anderen Götter aber erbarmten sich der Überlebenden, gewannen Botans Schüler für sich, verrieten ihnen seine Geheimnisse und bewirkten, dass er mit der eigenen Macht vernichtet wurde.
Erst jetzt entstanden nach siebenfaltiger Vorstellung die Zwerge und Hobbit. Die Götter schufen sie aus den Kleinsten der Menschen, die Botans Streben entgangen waren, um seine Anhänger zu vernichten, die noch immer die Menschheit knechteten.
Die Unfruchtbaren sollten in die Wälder gehen und sich verstecken. Zum Ausgleich für ihre Kinderarmut schenkten ihnen die Götter ihren Schutz und wundersame Langlebigkeit. So entstanden die Elben, die man auch „die Verstoßenen“ nennt.
Das alte Gar
Von den Geschichten über diese Ära sind die Sagen um den Heiligen Danason und die Entstehung des Königreichs von Altgar am einflussreichsten. Man glaubt heute sogar, ein noch aus dieser Zeit selbst stammendes schriftliches Zeugnis in einem jüngst geschehenen Wunderereignis offenbart bekommen zu haben. Die „Geschichte vom Leben und den Taten des Heiligen Danason“ entspricht im Wesentlichen der mündlichen Überlieferung, hebt aber den Titelhelden als Heilsbringer mit halbgöttlichem Blut ganz besonders hervor. In diesem Sagenkreis formen die Königinnen und Könige aus dem Geschlecht der Phadra (einem – ebenso wie die kriegerischen Bauern von Timors Volk – inzwischen verschwundenen arbonischen Teilstamm) ein erfolgreiches Kriegsbündnis gegen die Menschtiere. Es besteht aus vielen kleinen arbonischen, flutländischen, zwergischen und sonstigen (sogenannten „barbarischen“) Königreichen und Volksgruppen in einer Region, die sich über Teile der heutigen Länder Trigardon, Anrea und Winningen erstreckt. Am Ende von Danasons Wirken wird es zum „goldenen Königreich von Gar“ vereinigt.
Nicht nur die Zerstörungen im Zuge endloser Kriege und das Abreißen der Schriftkultur in Arbon und Flutland legten einen Schleier von Unwissen über das goldene Zeitalter. Späteren Generationen wurde der Zugang zur Vergangenheit auch dadurch erschwert, dass die Vorfahren in der heute so genannten „vergessenen Sprache“ sprachen und schrieben.
Der letzte große Stammeskrieg
Die letzten erzählenden Verse der Heiligen Schrift erscheinen zugleich wie eine Ermahnung an gerechtere Zeiten und als programmatischer Zukunftsentwurf. Im Angesicht der anbrechenden finsteren Epoche geben die Götter den Stämmen von Ischan und Natan ein letztes Mal Gesetze für ein gerechtes Zusammenleben. Dass die Sterblichen dafür wieder einmal taub blieben, muss im Text nicht mehr eigens erwähnt werden. Erst Generationen später, als die Heilige Schrift verfasst wurde, sollten sich spirituelle Autoritäten wieder erfolgreich auf diese göttlichen Gebote berufen. Zuvor aber kam es zu einer Abfolge von bewaffneten Auseinandersetzungen unterschiedlicher Reichweite, Intensität und Dauer, die man heute als „den letzten großen Stammeskrieg“ zusammenfasst.
Damals fand zwar keine Geschichtsschreibung statt, doch es wurden lange Abfolgen von Lobreden auf die verstorbenen Sippenoberhäupter tradiert (um die 20 bei den ältesten arbonischen Häusern), von denen viele später zum Stoff für Heldenlieder wurden. Daneben ist man davon überzeugt, in bestimmten Ritualen unmittelbar mit den Geistern der Ahnen kommunizieren und auf ausschnitthafte Erinnerungen aus den Vorleben von Hexen und Schamanen zurückgreifen zu können. Und hinter dem Bild idealisierter (eigener) und verdammter (gegnerischer) Führer, hinter den Waffentaten, Überfällen, Verschleppungen, Versklavungen und gelegentlichen Massenmorden werden im Ahnengedenken auch die verwischten Spuren langfristiger Veränderungsprozesse sichtbar.
Der Heilige Caroman
Der Aufstieg des Klerus
Die Stämme der Arbonier, Flutländer und des Kleinen Volkes pflegen eine Erinnerungskultur, die den Rhythmus der Geschichte in Erfolg und Misserfolg großer Führergestalten, der Tugend oder Untugend von Völkern und Stämmen sowie dem gelegentlichen Eingreifen göttlicher Schicksalsmächte zu erkennen glaubt. Diese Geschichtswahrnehmung verstellt den Blick auf die prozesshaften Veränderungen, zu denen es rund um den Beginn der neuen Zeitrechnung gekommen ist. Dennoch hat man ein Bewusstsein dafür; schließlich muss man in Trigardon noch nicht alt sein, um Kindern davon erzählen zu können, was es in der eigenen Jugend alles noch nicht gegeben hat.
Bis in die letzten Jahrzehnte des letzten großen Stammeskriegs hinein war es unter den Stämmen und Sippen noch Gang und Gäbe, die Schamanen besiegter Gruppen zu verschleppen und sie als privilegierte Beutestücke unter die Haushalte der eigenen Verwandten und Gefolgsleute zu verteilen. Darüber hinaus hatten die Kundigen und Geistlichen selber das Verlangen nach Austausch, was sie dazu veranlasste, im Geheimen verschiedene Sekten und Lehrzirkel zu gründen. So trafen sich Kundige beider Stämme regelmäßig unter dem Schutz der Elben im Kreis der Mysterien und einige Einsiedler gründeten im Hochland des Dugor Harog unter dem Schutz des Zwergenkönigs das Kloster der Riadugora.
Mit den Jahren entstand über Stammeszugehörigkeit und Verwandtschaft hinaus ein Gemeinschaftsbewusstsein der Gelehrten. Zunehmend gelang es ihnen mittels drastischer Fluchan-drohungen, die Unverletzlichkeit der Schamanen zu erwirken. Ohne diese Entwicklung hätten Canuphyra und Phejana sicher nicht den Einfluss gehabt, die Stämme zum Fest der Freundschaft zu rufen. Die älteren Geistlichen und Kundigen erinnern sich zwar noch sehr gut an die Geschichten ihrer Lehrer über diese schweren Zeiten. Ihr historisches Selbstbildnis tendiert jedoch dazu, diesen mühseligen Emanzipationskampf zu verschweigen. Stattdessen prangert man lieber allgemein die Unmoral der finsteren Kriegszeiten an. Die Überlieferungen lassen es oft so aussehen, als ob neben den Sippenoberhäuptern schon immer ein weiterer allseits geachteter Stand von Vermittlern zwischen den Sterblichen und den Göttern und Geistern bestanden hätte.
Nach Caromans Martyrium entwickelten sie sich immer schneller zum schreibenden Stand, von dessen wachsendem Selbstbewusstsein die damals entstandenen Kloster- und Tempelbauten stolzes Zeugnis ablegen.
Zur dominierenden spirituellen Autorität wurde der Klerus aber erst, als er damit begann, die religiösen Lehren zu verschriftlichen. Die Heilige Schrift entstand. Für dieses Werk zeichnet kein einzelner Autor oder Prophet verantwortlich. Hinter seinem „unbekannten Verfasser“ verbergen sich unzählige Priester und Kundige, die über mehrere Jahrzehnte hinweg Überlieferungen der Stämme sammelten, die am weitesten verbreiteten und am wenigsten strittigen Erzählungen auswählten, sie in eine chronologische Reihenfolge setzten, in Kurzform nacherzählten und mit moralischen Belehrungen versahen. Wer zu welchem Zeitpunkt die letztgültige Form davon verfasste, weiß tatsächlich niemand und man legt großen Wert darauf, dass das auch keine Rolle spielt. Im 14. Jahr der neuen Zeitrechnung wurde dieser Text dann, von Wunderereignissen begleitet, „aufgefunden“. Es ist natürlich allgemein bekannt, dass die Heilige Schrift ein von Menschenhand geschaffenes, erst in jüngster Zeit entstandenes Werk ist. Das steht aber keinesfalls im Widerspruch dazu, in ihr eine göttliche Offenbarung zu sehen. Es ist vielmehr ein Beispiel dafür, dass die Götter durch ihre Priester wirken.
Die frühen Jahre Trigardons
Die Erinnerung an das alte Königreich von Gar hatte sich schon während des letzten großen Stammeskrieges als überaus langlebig erwiesen. Als sich danach eine einheitliche Religionslehre mit dazugehörender Geschichtsphilosophie herauszubilden begann, erschien es den Geistlichen und Kundigen folgerichtig, nun auch ein neues Gar zu gründen. Fassbar wurde dieser Gedanke dadurch, dass nach Caromans Martyrium wieder Kontakte in das zuvor abgeschottete Anrea aufgenommen wurden, in dem sich viel vom zivilisatorischen Segen des goldenen Zeitalters erhalten hatte. Die südlichen Lande waren in der Vergangenheit nicht mehr als ein Ziel gelegentlicher Raubzüge für risikobereite arbonische Kriegsherren gewesen, ein Quell exotischer Güter, die man daheim nicht besaß. In den ersten beiden Jahrzehnten der neuen Zeitrechnung setzte aber wieder zaghafter Handel und damit ein Ideentransfer von Süden nach Norden ein.
Ob das neue Gar eher als sakrales Imperium mit Schicksalsauftrag oder mehr als Stammesbund mit gemeinsamen militärischen Interessen zu verstehen ist, war schon bei seiner Gründung um-stritten. Kluge politische Führer verstehen sich mittlerweile darauf, je nach Situation beide Vorstellungen zu aktivieren. Doch die Mehrdeutigkeit des Reichsgedankens blieb stets vorhanden, als sei sie die Begleitmusik zu den vielen, teils erbittert ausgetragenen inneren Kämpfen der Folgezeit. Aus dem Blickwinkel der Oberschicht könnte man die trigardonische Geschichte als wilden Ritt durch von Aufständen, Skandalen und hitzigen Religionsdebatten zerfurchtes Gelände verstehen, in dem das Reich von einer Verfassungskrise in die nächste stolperte.
Doch die Mehrheit nimmt es anders wahr: Auf lange Sicht sind Bevölkerung und allgemeiner Wohlstand deutlich gewachsen, wenngleich in regional sehr unterschiedlichem Tempo (so merkt man in Flutland nur wenig davon). Zwar hat Trigardon in dem knappen Vierteljahrhundert seines Bestehens insgesamt nicht mehr als sechs ganze Friedensjahre gehabt. Diese Rechnung geht aber nur dann auf, wenn man alle Feldzüge in die Fremde, alle nennenswerten Aufstände sowie die Eroberung und Verteidigung sämtlicher Regionen zusammennimmt. Die meisten seiner Bewohner verbinden das Reich mit der Zunahme von Frieden und Sicherheit.
Emendons Reich
Emendon war als Oberhaupt der mächtigsten Sippe des Tejadun, den Erlenfelsern, kein Unbekannter in der trigardonischen Politik. Doch fehlte seinem Haus die Ahnenreihe, die es mit den alten Königen von Gar verband. Ihm kam jedoch zugute, dass seine Großmutter eine Gefährtin des Heiligen Caroman gewesen war und ihre Sippe schon damals zu den engsten Verbündeten der anh Rhack gehörte. Der Sohn, den sie von Caroman bekam, war Emendons Vater.
als Emendon und Marsiane sich als Anführer ihrer Stämme etabliert hatten, hatten sie auch ein jeweils spezifisch flutländisches und arbonisches Herrschaftsverständnis verwurzelt. Mit diesen Ideologien ausgestattet konnten beide dauerhaft keinen anderen Herrscher über sich dulden, wenngleich sie die gemeinsamen Reichsinstitutionen durchaus erhalten wollten.
Überraschend erklärten Marsiane und Emendon ihre Verlobung und verkündeten ihren gemeinsamen Anspruch auf den Thron, der einstimmig bestätigt wurde.
Dennoch konnten Teilerfolge und gemeinsame Interessen nicht überbrücken, dass der Hochfürst und die Hochfürstin füreinander keine politischen Wunschpartner waren, egal wie gern manche Geistliche ihre Verbindung als symbolische Versöhnung der Weltväter werteten.
Statt eines neuen Bürgerkrieges kam es zur Aufteilung der Grafschaften und Provinzen in einen flutländischen und einen arbonischen Reichsteil, die sich die folgenden fünf Jahre über misstrauisch beäugten.
Mit Ausnahme Yddlands, das sich vorerst Marsianes Reich anschloss, gehörten Emendons Reich nun alle trigardonischen Territorien an, in denen sich flächendeckend regionale Ordnungsprinzipien auf der Basis von Grundherrschaft entwickelt hatten. Die Legitimität dieser Ordnungsprinzipien hing von lehnsrechtlichen Konstruktionen ab, deren Quelle nunmehr überall in seinem Reich der Hochfürst war. Im flutländischen Reichsteil war das nur ansatzweise oder gar nicht der Fall. Insbesondere nach Yddlands Unabhängigkeitserklärung, die nur wenige Monate nach der Reichsteilung erfolgte, spielten dort grundherrschaftliche Organisationsformen und Lehnsverträge kaum noch eine Rolle.