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+ | Von den Geschichten über diese Ära sind die Sagen um den Heiligen Danason und die Entstehung des Königreichs von Altgar am einflussreichsten. Man glaubt heute sogar, ein noch aus dieser Zeit selbst stammendes schriftliches Zeugnis in einem jüngst geschehenen Wunderereignis offenbart bekommen zu haben. Die „Geschichte vom Leben und den Taten des Heiligen Danason“ entspricht im Wesentlichen der mündlichen Überlieferung, hebt aber den Titelhelden als Heilsbringer mit halbgöttlichem Blut ganz besonders hervor. In diesem Sagenkreis formen die Königinnen und Könige aus dem Geschlecht der Phadra (einem – ebenso wie die kriegerischen Bauern von Timors Volk – inzwischen verschwundenen arbonischen Teilstamm) ein erfolgreiches Kriegsbündnis gegen die Menschtiere. Es besteht aus vielen kleinen arbonischen, flutländischen, zwergischen und sonstigen (sogenannten „barbarischen“) Königreichen und Volksgruppen in einer Region, die sich über Teile der heutigen Länder Trigardon, Anrea und Winningen erstreckt. Am Ende von Danasons Wirken wird es zum „goldenen Königreich von Gar“ vereinigt. | ||
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Der endgültige Sieg über die Orks wurde aber wohl erst im Bund mit den Verstoßenen errungen. Diese Zusammenarbeit stand jedoch unter keinem guten Stern. Es heißt, die Götter hätten das Zweckbündnis nur widerstrebend gebilligt, da sie eigentlich keinen Kontakt zwischen Menschen und Elben wünschen. Nach der Vernichtung der Menschtiere kam es zum befürchteten Zwist zwischen den Völkern. Die Schrift über den Heiligen Danason weiß von hochmütigen Elbenfürsten und gebrochenen Verträgen zu berichten, in einer Fülle anderer Erzählungen geht es um Kinderraub durch die Verstoßenen, der Heiligen Schrift reicht der Bruch des Gesetzes der Verstoßenen bei einer Siegesfeier als Erklärung für den Streit völlig aus. Man kennt auch ein paar bruchstückhafte elbische Überlieferungen, die ebenfalls von unerwünschtem sexuellen Umgang mit Menschen berichten. | Der endgültige Sieg über die Orks wurde aber wohl erst im Bund mit den Verstoßenen errungen. Diese Zusammenarbeit stand jedoch unter keinem guten Stern. Es heißt, die Götter hätten das Zweckbündnis nur widerstrebend gebilligt, da sie eigentlich keinen Kontakt zwischen Menschen und Elben wünschen. Nach der Vernichtung der Menschtiere kam es zum befürchteten Zwist zwischen den Völkern. Die Schrift über den Heiligen Danason weiß von hochmütigen Elbenfürsten und gebrochenen Verträgen zu berichten, in einer Fülle anderer Erzählungen geht es um Kinderraub durch die Verstoßenen, der Heiligen Schrift reicht der Bruch des Gesetzes der Verstoßenen bei einer Siegesfeier als Erklärung für den Streit völlig aus. Man kennt auch ein paar bruchstückhafte elbische Überlieferungen, die ebenfalls von unerwünschtem sexuellen Umgang mit Menschen berichten. | ||
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Der darauf folgende Krieg sollte grausam und mühselig werden, den Menschen schreckliche Opfer abverlangen und ihnen kaum weltlichen Nutzen bringen, war er doch ebenso für sie als Strafe gedacht. Dennoch blieben sie vorwiegend siegreich im Kampf gegen die Verstoßenen. | Der darauf folgende Krieg sollte grausam und mühselig werden, den Menschen schreckliche Opfer abverlangen und ihnen kaum weltlichen Nutzen bringen, war er doch ebenso für sie als Strafe gedacht. Dennoch blieben sie vorwiegend siegreich im Kampf gegen die Verstoßenen. | ||
− | Man weiß erstaunlich wenig über das weitere Schicksal des Königreichs von Altgar. Die meisten Erzählungen beschreiben es als einen idealen Staat des Rechts und der Tugend, ohne viele Details zu verraten. Schon bei den tradierten Königs- und Königinnenlisten ist nicht immer bekannt, ob es sich um Gesamtherrscher oder Potentaten kleinerer Teilreiche handelt, in die das Reich offenbar nach einer Weile zerfiel. | + | Man weiß erstaunlich wenig über das weitere Schicksal des Königreichs von Altgar. |
− | + | </div>Die meisten Erzählungen beschreiben es als einen idealen Staat des Rechts und der Tugend, ohne viele Details zu verraten. Schon bei den tradierten Königs- und Königinnenlisten ist nicht immer bekannt, ob es sich um Gesamtherrscher oder Potentaten kleinerer Teilreiche handelt, in die das Reich offenbar nach einer Weile zerfiel. | |
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Welche entscheidenden Gründe zu seinem Untergang führten und ob er sich eher als langsamer Verfall oder als plötzlicher Zusammenbruch entfaltete, ist unklar. Die Heilige Schrift berichtet davon, dass inmitten von Wohlstand und Sicherheit der Müßiggang zum Sittenverfall führte. Dies gab schlechten Menschen Gelegenheit, „Hass zu säen, um Macht zu ernten“, was einen neuerlichen Krieg zwischen Ischans und Natans Stamm herbeiführte. In Flutland erzählt man sich Geschichten, nach denen die Arbonier aus Gier und Bosheit alle Flutländer aus dem Königreich vertrieben hätten. Kundige berichten auch von Flüchen, die verschiedene Angehörige des Königsgeschlechts aufgrund ihres Hochmutes auf sich gezogen hätten, was zu Kinderarmut, komplizierten Erbfolgeregelungen und schließlich zu Thronkämpfen führte. | Welche entscheidenden Gründe zu seinem Untergang führten und ob er sich eher als langsamer Verfall oder als plötzlicher Zusammenbruch entfaltete, ist unklar. Die Heilige Schrift berichtet davon, dass inmitten von Wohlstand und Sicherheit der Müßiggang zum Sittenverfall führte. Dies gab schlechten Menschen Gelegenheit, „Hass zu säen, um Macht zu ernten“, was einen neuerlichen Krieg zwischen Ischans und Natans Stamm herbeiführte. In Flutland erzählt man sich Geschichten, nach denen die Arbonier aus Gier und Bosheit alle Flutländer aus dem Königreich vertrieben hätten. Kundige berichten auch von Flüchen, die verschiedene Angehörige des Königsgeschlechts aufgrund ihres Hochmutes auf sich gezogen hätten, was zu Kinderarmut, komplizierten Erbfolgeregelungen und schließlich zu Thronkämpfen führte. | ||
Version vom 8. Januar 2018, 01:29 Uhr
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Das Szenario
Vor langer, langer Zeit, am Ende dunkler Jahrhunderte oder kurz danach, als man das Alte noch höher schätzte als das Neue aber schon wusste, dass es sich im Heute besser leben lässt als im Gestern, lag einsam, von der Seidenstraße vergessen, Arbons Edoras am Rand des Hindukusch, unweit des Schwarzen Meeres. Wollte man von hier aus das Camelot der Hochfürsten erreichen, ohne sich in den sibirischen Nebeln des flutländischen Hochmoors zu verirren, folgte man einfach der Donau bis zu ihrer Mündung am Baikalsee. Das Ziel lag an der Stelle, wo der Kaukasus auf das Karpatenbecken stößt. Diese Gegend nannte man Trigardon.
In diesem Land verband man nichts mit den Namen von Atlantis, Gondolin, Jerusalem und Valinor. Weder Ahnengeister, noch Zwerge oder Hobbit kannten Geschichten darüber und die Elben fragte man nicht. Die Trigardonen hatten noch nie vom Untergang Numenors oder Roms gehört und konnten sich auch nicht vorstellen, dass es ein Weltreich wie das des Dschingis Khan jemals geben würde. Stattdessen erhofften sie sich eine Wiederkehr der goldenen Tage des alten Gar, ersehnten den Anbruch der immerwährenden Tagnacht, erträumten in den Heldengeschichten der Vorfahren ihre eigene ruhmreiche Zukunft...
Herrschaftsform und Recht
„Achte die Gesetze, denn sie geben dem Recht Bestand. Denn siehe: Gesetze zwingen einen Jeden zu gerechten Taten und Gerechtigkeit unter den Menschen lässt die Harmonie der Seelen erklingen.“
An der Spitze des Reiches stehen die Hochfürsten, die durch eine Mischform aus Wahl- und Erbrecht bestimmt werden. Hochfürst Emendon anh Erlenfels ist zugleich das Oberhaupt des größ-ten trigardonischen Stammes, der Arbonier. Deswegen spricht man von seinem Reich auch als dem „arbonischen Reichsteil“, während man das Reich von Hochfürstin Marsiane anh Crul nach dem zweitgrößten Stamm den „flutländischen Reichsteil“ nennt.
So gut wie alle Einwohner von Arbon, Altberg und der Ostprovinz gehören einem von fünf Stämmen an, die eine jeweils eigene politische Identität und eigene lokale Rechtstraditionen pflegen.
Die trigardonische Rechtsprechung verlässt sich nicht auf einen umfassenden Gesetzeskorpus. Die geschriebenen Gesetze nimmt man durchaus sehr ernst. Sie haben aber nicht den Anspruch, jeden möglichen Streitfall mit einer Regel zu versehen, sondern sind eher als grobmaschiges Netz zur Klärung von Zuständigkeiten zu verstehen. Glaube und Überlieferung sagen den Menschen, was Recht und Sitte ist. Als eigentliche Quelle der Rechtsprechung dienen traditionale, mündlich überlieferte Rechtsnormen in Verbindung mit dem religiösen Gerechtigkeitsbegriff.
Geografie und Wirtschaft
"Entsage dem Neid, denn er führt zu Zwietracht. Bekämpfe das Unrecht, denn es führt zu Neid. Lasse ab vom Müßiggang, denn er ist aller Laster Anfang. Siehe: Die Gunst ist mit den Danken-den, nicht mit den Fordernden."
„Die trigardonischen Lande“ sind kein zusammenhängendes Gebiet. Arbon, Altberg, Flutland und der Dunkle Wald bilden gemeinsam das Kernland (auch „die Stammlande“ genannt), die Ostpro-vinz und der flutländische Westport sind weit entfernte überseeische Küstenprovinzen, Ringland und Okostria liegen in relativer Nähe östlich der östlichen Nachbarländer.
Zu den wirtschaftlichen Mittelpunkten Trigardons gehört natürlich das Längstal von Arbon mit den größten Klöstern, Tempeln, Festungen und Adelshaushalten des Landes. Es stellt zugleich den Brotkorb und die pulsierende Hauptverkehrsader des Kernlandes dar.
Insgesamt ist die Wirtschaft agrarisch geprägt. Handel und Handwerk werden zwar als wichtige Sektoren wahrgenommen, aber fast alle Marktteilnehmer betreiben Subsistenzwirtschaft. Sieht man von Salz und wenigen anderen Ausnahmen ab, ist man nicht darauf angewiesen, alltägliche Verbrauchsgüter kaufen zu müssen. Auch Lohnarbeit ist nur in wenigen Nischen des Erwerbsle-bens bestimmend. Marktwirtschaft und hoheitliche Abgabenerhebung finden damit vorwiegend auf Basis agrarischer Überschüsse statt.
Mentalität und Zusammenleben
"Meide die Verstoßenen und steche die Bestien. Behüte deine Kinder vor ihnen, denn siehe: Deine Kinder sind alles, was von deinen Taten übrig bleibt. Bleibst du aber kinderlos, dann führe das demütige Leben der Verstoßenen."
Das Hochfürstentum ist insgesamt eher dünn besiedelt und der nomadische Lebensstil nichts Exotisches, wenngleich nur in Flutland und im Tejadun wirklich dominant. Doch nicht nur dort sind die Menschen auf ihre Mitmenschen angewiesen. Überall begreift man sich selbst immer als Teil einer Gruppe, die wichtiger ist als der oder die Einzelne. Gruppenbindungen, etwa an Haushalt, Sippe und Heerverband, sind wichtiger als das Verhältnis von Einzelpersonen. Von Haushalt, Sippe und Heerverband hängen Leben, Wohlstand, Glück und "Freiheit" ab. Weder der beste Freund, noch die große Liebe haben solche Bedeutung.
Größte Bedeutung weisen die Trigardonen ihrer Abstammung, Sippen- und Stammeszugehörigkeit zu. Die Stämme der Arbonier und Montrowen sowie das Kleine Volk leben in Sippenverbänden. Die Sippe ist eine Gruppe verwandter Großfamilien mit gemeinsamem Ahnenkult, Oberhaupt, Erbrecht und homogenem Geburtsstand (eine Sippe ist entweder edel oder nicht; es sind nie Teile edel und Teile nicht). Sippenoberhäupter bestimmen über die Vergabe von Pächter- und Lehrlingsstellen und arrangieren die Ehen ihrer Angehörigen; sie legen das Erbrecht und seine alltäglichen Konsequenzen aus und organisieren die Altenversorgung. Ackerland, Werkstätten, Viehbestände, Waffen und auch Adelstitel werden in verschiedenen Spielarten des Senioratsprinzips weiter gegeben. Dabei erbt das Sippenoberhaupt den wertvollsten in der Sippe zur Verfügung stehenden Besitz (oder den höchsten Titel), weitere Ressourcen werden absteigend nach Macht und Ansehen an die erbrecht-lich näher stehenden Verwandten weiter verteilt.
Je reicher und angesehener ein Haushalt ist, desto eher wird Kriegsdienst dort als etwas höchst Ehrenhaftes empfunden. Die Wohlhabenden ziehen nicht nur freiwillig, sondern unter Umständen sogar gerne an der Seite ihrer Grundherren in den Krieg, um Beute und Ruhm zu erlangen. Daher verfügt Emendons Reich über ein größeres Reiterheer, als wenn es sich nur aus dem Stand der Edlen rekrutieren würde.
Religion
"Erkenne Die Götter und preise Ihre Namen. Siehe: Jeder Gott kann deiner Verehrung, du aber keines Gottes Gunst entbehren."
Die Siebenfaltigkeit ist die traditionelle spirituelle Vorstellung der trigardonischen Stämme. Sie ist die dominante Religion in allen trigardonischen Landen und in der yddländischen Oberschicht. Sie verbindet die Ursprungsmythen der Stämme der Arbonier und der Flutländer mit einer Kosmologie, die die Welt als vom Streit zwischen den „Sieben Großen und Herrlichen Göttern“ bestimmt sieht.
Die zentralen Forderungen der Glaubenslehre an die Gläubigen bestehen darin, dem Neid zu wiederstehen und dankbar für das zu sein, was dem Einzelnen vom Schicksal beschieden wurde, statt nach mehr zu streben. Das Schlechte stellt man sich zumeist nicht als antagonistische Kraft zum Guten vor, sondern als Mangel an Gerechtigkeit und Harmonie. Um nach der "Harmonie der Seele" zu streben, gibt es „die Sieben Pfade zur Tagnacht“ und ein Tugendsystem aus 14 entgegengesetzten, den Göttern zugeordneten Tugenden, zwischen denen man "den gerechten Ausgleich" finden soll.
Der Klerus in seiner heutigen Form ist eine sehr junge Institution. Ein Großteil des spirituellen Lebens basiert auf den alten mündlichen Überlieferungen. Erst vor ein bis zwei Generationen entwickelte sich eine systematische Ausbildung des betenden Standes und eine Glaubenslehre auf schriftlicher Basis. Sippenoberhäupter, Hexen und die wichtigsten politischen Anführer haben sich eine große Bedeutung im religiösen Leben Trigardons bewahrt.
Die Hauptgötter der Siebenfaltigkeit sind:
Die in Trigardon bekanntesten Nebengötter sind:
Die im arbonischen Reichsteil wichtigsten Heiligen sind:
Die bekannteste Version der Sieben Pfade zur Tagnacht lautet:
Eine weit verbreitete Variante der Lehre von den Vierzehn Tugenden ist:
Magie und Geisterwelt
„Strebe nach der Harmonie der Seele, anstatt Den Göttern nachzueifern. Denn siehe: So du auch eins mit Ihnen bist, so sind Sie doch verschieden von dir.“
Lebenserfahrung und Überlieferung zeigen den Trigardonen, dass so gut wie alle nennenswerten Natur- und Kulturerscheinungen, seien es Bäche oder Bäume, Berge, Täler, das heimatliche Herdfeuer, Burgen, Schiffe und dergleichen mehr, von Geistern beseelt sind. Alle Erscheinungen und Effekte der sichtbaren Welt sind auf ihr Handeln zurückzuführen, auch wenn ungeschulte Sinne das nicht immer wahrnehmen müssen. Der innere Zusammenhang von Wirkung und Ursache, Schöpfungen und Schaffenden, Wahrnehmung und Erkenntnis, lässt sich oft nur durch den Blick auf das Unsichtbare erschließen; durch den Austausch mit den Wesen der Geisterwelt.
In dieser Weltsicht haben die „Kundigen“, in den Belangen der Geisterwelt besonders begabte und geschulte Personen, große spirituelle Bedeutung. Die Legenden weisen ihnen gefährliche und mühsame Aufgaben im Kampf gegen Verderbnis und pervertierte Mächte zu. Demnach müs-sen sie bereit sein, Feuer mit Feuer zu bekämpfen ohne dabei vom Pfad seelischer Harmonie abzukommen.
Mythos und Geschichte
"Gedenke der Ahnen, denn ihr Schicksal offenbart den Göttlichen Pfad. Siehe: Die Brücke zur Zukunft heißt Vergangenheit."
Das Werden der Völker
Trigardonen neigen dazu, die in den Sagen ihrer Vorfahren beschriebenen Ereignisse für historische Fakten zu halten. Daher beginnt die Weltgeschichte für sie mit den mythischen Vorgängen, die den Zyklus von Tag und Nacht in Gang setzten, dem „Anbeginn der Zeit“. Der zuvor gewesene paradiesische Ursprungszustand, die „immerwährende Tagnacht“, wurde durch Streit unter den Menschen, der schließlich auf die Götter übergriff, unterbrochen. Dieser Zustand wird unweigerlich eines Tages wiederkehren. Einzig, ob die Menschheit Teil dieser vollkommenen Harmonie sein kann, bzw. welche schrecklichen Strafen sie auf dem Weg dahin noch auf sich ziehen mag, ist offen.
Das alte Gar
Nicht nur die Zerstörungen im Zuge endloser Kriege und das Abreißen der Schriftkultur in Arbon und Flutland legten einen Schleier von Unwissen über das goldene Zeitalter. Späteren Generationen wurde der Zugang zur Vergangenheit auch dadurch erschwert, dass die Vorfahren in der heute so genannten „vergessenen Sprache“ sprachen und schrieben.
Der letzte große Stammeskrieg
Die letzten erzählenden Verse der Heiligen Schrift erscheinen zugleich wie eine Ermahnung an gerechtere Zeiten und als programmatischer Zukunftsentwurf. Im Angesicht der anbrechenden finsteren Epoche geben die Götter den Stämmen von Ischan und Natan ein letztes Mal Gesetze für ein gerechtes Zusammenleben. Dass die Sterblichen dafür wieder einmal taub blieben, muss im Text nicht mehr eigens erwähnt werden. Erst Generationen später, als die Heilige Schrift verfasst wurde, sollten sich spirituelle Autoritäten wieder erfolgreich auf diese göttlichen Gebote berufen. Zuvor aber kam es zu einer Abfolge von bewaffneten Auseinandersetzungen unterschiedlicher Reichweite, Intensität und Dauer, die man heute als „den letzten großen Stammeskrieg“ zusammenfasst.
Damals fand zwar keine Geschichtsschreibung statt, doch es wurden lange Abfolgen von Lobreden auf die verstorbenen Sippenoberhäupter tradiert (um die 20 bei den ältesten arbonischen Häusern), von denen viele später zum Stoff für Heldenlieder wurden. Daneben ist man davon überzeugt, in bestimmten Ritualen unmittelbar mit den Geistern der Ahnen kommunizieren und auf ausschnitthafte Erinnerungen aus den Vorleben von Hexen und Schamanen zurückgreifen zu können. Und hinter dem Bild idealisierter (eigener) und verdammter (gegnerischer) Führer, hinter den Waffentaten, Überfällen, Verschleppungen, Versklavungen und gelegentlichen Massenmorden werden im Ahnengedenken auch die verwischten Spuren langfristiger Veränderungsprozesse sichtbar.
Der Heilige Caroman
Der Aufstieg des Klerus
Die Stämme der Arbonier, Flutländer und des Kleinen Volkes pflegen eine Erinnerungskultur, die den Rhythmus der Geschichte in Erfolg und Misserfolg großer Führergestalten, der Tugend oder Untugend von Völkern und Stämmen sowie dem gelegentlichen Eingreifen göttlicher Schicksalsmächte zu erkennen glaubt. Diese Geschichtswahrnehmung verstellt den Blick auf die prozesshaften Veränderungen, zu denen es rund um den Beginn der neuen Zeitrechnung gekommen ist. Dennoch hat man ein Bewusstsein dafür; schließlich muss man in Trigardon noch nicht alt sein, um Kindern davon erzählen zu können, was es in der eigenen Jugend alles noch nicht gegeben hat.
Bis in die letzten Jahrzehnte des letzten großen Stammeskriegs hinein war es unter den Stämmen und Sippen noch Gang und Gäbe, die Schamanen besiegter Gruppen zu verschleppen und sie als privilegierte Beutestücke unter die Haushalte der eigenen Verwandten und Gefolgsleute zu verteilen. Darüber hinaus hatten die Kundigen und Geistlichen selber das Verlangen nach Austausch, was sie dazu veranlasste, im Geheimen verschiedene Sekten und Lehrzirkel zu gründen. So trafen sich Kundige beider Stämme regelmäßig unter dem Schutz der Elben im Kreis der Mysterien und einige Einsiedler gründeten im Hochland des Dugor Harog unter dem Schutz des Zwergenkönigs das Kloster der Riadugora.
Mit den Jahren entstand über Stammeszugehörigkeit und Verwandtschaft hinaus ein Gemeinschaftsbewusstsein der Gelehrten. Zunehmend gelang es ihnen mittels drastischer Fluchan-drohungen, die Unverletzlichkeit der Schamanen zu erwirken. Ohne diese Entwicklung hätten Canuphyra und Phejana sicher nicht den Einfluss gehabt, die Stämme zum Fest der Freundschaft zu rufen. Die älteren Geistlichen und Kundigen erinnern sich zwar noch sehr gut an die Geschichten ihrer Lehrer über diese schweren Zeiten. Ihr historisches Selbstbildnis tendiert jedoch dazu, diesen mühseligen Emanzipationskampf zu verschweigen. Stattdessen prangert man lieber allgemein die Unmoral der finsteren Kriegszeiten an. Die Überlieferungen lassen es oft so aussehen, als ob neben den Sippenoberhäuptern schon immer ein weiterer allseits geachteter Stand von Vermittlern zwischen den Sterblichen und den Göttern und Geistern bestanden hätte.
Nach Caromans Martyrium entwickelten sie sich immer schneller zum schreibenden Stand, von dessen wachsendem Selbstbewusstsein die damals entstandenen Kloster- und Tempelbauten stolzes Zeugnis ablegen.
Zur dominierenden spirituellen Autorität wurde der Klerus aber erst, als er damit begann, die religiösen Lehren zu verschriftlichen. Die Heilige Schrift entstand. Für dieses Werk zeichnet kein einzelner Autor oder Prophet verantwortlich. Hinter seinem „unbekannten Verfasser“ verbergen sich unzählige Priester und Kundige, die über mehrere Jahrzehnte hinweg Überlieferungen der Stämme sammelten, die am weitesten verbreiteten und am wenigsten strittigen Erzählungen auswählten, sie in eine chronologische Reihenfolge setzten, in Kurzform nacherzählten und mit moralischen Belehrungen versahen. Wer zu welchem Zeitpunkt die letztgültige Form davon verfasste, weiß tatsächlich niemand und man legt großen Wert darauf, dass das auch keine Rolle spielt. Im 14. Jahr der neuen Zeitrechnung wurde dieser Text dann, von Wunderereignissen begleitet, „aufgefunden“. Es ist natürlich allgemein bekannt, dass die Heilige Schrift ein von Menschenhand geschaffenes, erst in jüngster Zeit entstandenes Werk ist. Das steht aber keinesfalls im Widerspruch dazu, in ihr eine göttliche Offenbarung zu sehen. Es ist vielmehr ein Beispiel dafür, dass die Götter durch ihre Priester wirken.
Die frühen Jahre Trigardons
Die Erinnerung an das alte Königreich von Gar hatte sich schon während des letzten großen Stammeskrieges als überaus langlebig erwiesen. Als sich danach eine einheitliche Religionslehre mit dazugehörender Geschichtsphilosophie herauszubilden begann, erschien es den Geistlichen und Kundigen folgerichtig, nun auch ein neues Gar zu gründen. Fassbar wurde dieser Gedanke dadurch, dass nach Caromans Martyrium wieder Kontakte in das zuvor abgeschottete Anrea aufgenommen wurden, in dem sich viel vom zivilisatorischen Segen des goldenen Zeitalters erhalten hatte. Die südlichen Lande waren in der Vergangenheit nicht mehr als ein Ziel gelegentlicher Raubzüge für risikobereite arbonische Kriegsherren gewesen, ein Quell exotischer Güter, die man daheim nicht besaß. In den ersten beiden Jahrzehnten der neuen Zeitrechnung setzte aber wieder zaghafter Handel und damit ein Ideentransfer von Süden nach Norden ein.
Ob das neue Gar eher als sakrales Imperium mit Schicksalsauftrag oder mehr als Stammesbund mit gemeinsamen militärischen Interessen zu verstehen ist, war schon bei seiner Gründung um-stritten. Kluge politische Führer verstehen sich mittlerweile darauf, je nach Situation beide Vorstellungen zu aktivieren. Doch die Mehrdeutigkeit des Reichsgedankens blieb stets vorhanden, als sei sie die Begleitmusik zu den vielen, teils erbittert ausgetragenen inneren Kämpfen der Folgezeit. Aus dem Blickwinkel der Oberschicht könnte man die trigardonische Geschichte als wilden Ritt durch von Aufständen, Skandalen und hitzigen Religionsdebatten zerfurchtes Gelände verstehen, in dem das Reich von einer Verfassungskrise in die nächste stolperte.
Doch die Mehrheit nimmt es anders wahr: Auf lange Sicht sind Bevölkerung und allgemeiner Wohlstand deutlich gewachsen, wenngleich in regional sehr unterschiedlichem Tempo (so merkt man in Flutland nur wenig davon). Zwar hat Trigardon in dem knappen Vierteljahrhundert seines Bestehens insgesamt nicht mehr als sechs ganze Friedensjahre gehabt. Diese Rechnung geht aber nur dann auf, wenn man alle Feldzüge in die Fremde, alle nennenswerten Aufstände sowie die Eroberung und Verteidigung sämtlicher Regionen zusammennimmt. Die meisten seiner Bewohner verbinden das Reich mit der Zunahme von Frieden und Sicherheit.
Emendons Reich
Emendon war als Oberhaupt der mächtigsten Sippe des Tejadun, den Erlenfelsern, kein Unbekannter in der trigardonischen Politik. Doch fehlte seinem Haus die Ahnenreihe, die es mit den alten Königen von Gar verband. Ihm kam jedoch zugute, dass seine Großmutter eine Gefährtin des Heiligen Caroman gewesen war und ihre Sippe schon damals zu den engsten Verbündeten der anh Rhack gehörte. Der Sohn, den sie von Caroman bekam, war Emendons Vater.
als Emendon und Marsiane sich als Anführer ihrer Stämme etabliert hatten, hatten sie auch ein jeweils spezifisch flutländisches und arbonisches Herrschaftsverständnis verwurzelt. Mit diesen Ideologien ausgestattet konnten beide dauerhaft keinen anderen Herrscher über sich dulden, wenngleich sie die gemeinsamen Reichsinstitutionen durchaus erhalten wollten.
Überraschend erklärten Marsiane und Emendon ihre Verlobung und verkündeten ihren gemeinsamen Anspruch auf den Thron, der einstimmig bestätigt wurde.
Dennoch konnten Teilerfolge und gemeinsame Interessen nicht überbrücken, dass der Hochfürst und die Hochfürstin füreinander keine politischen Wunschpartner waren, egal wie gern manche Geistliche ihre Verbindung als symbolische Versöhnung der Weltväter werteten.
Statt eines neuen Bürgerkrieges kam es zur Aufteilung der Grafschaften und Provinzen in einen flutländischen und einen arbonischen Reichsteil, die sich die folgenden fünf Jahre über misstrauisch beäugten.
Mit Ausnahme Yddlands, das sich vorerst Marsianes Reich anschloss, gehörten Emendons Reich nun alle trigardonischen Territorien an, in denen sich flächendeckend regionale Ordnungsprinzipien auf der Basis von Grundherrschaft entwickelt hatten. Die Legitimität dieser Ordnungsprinzipien hing von lehnsrechtlichen Konstruktionen ab, deren Quelle nunmehr überall in seinem Reich der Hochfürst war. Im flutländischen Reichsteil war das nur ansatzweise oder gar nicht der Fall. Insbesondere nach Yddlands Unabhängigkeitserklärung, die nur wenige Monate nach der Reichsteilung erfolgte, spielten dort grundherrschaftliche Organisationsformen und Lehnsverträge kaum noch eine Rolle.