Die Geburt des Heiligen Danason (Danason-Vita)

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Zu Beginn der Zeit, als die beiden Gewaltigen sich kleideten in Neid und Zwietracht und Alles mit Etwas entzweiten und, so wie es überliefert ist von der Mutter zur Tochter seit eben diesen Tagen, Den Leib Des Herrn Der Steine Und Berge, Der Erde Und Aller Gewächse gar grässlich schändeten, gebar Die Königin der Nebelgeister viele tausend Kinder. In Ihrer Güte bettete Sie Ihre Frucht in den Schoß Ihres Gepeinigten Bruders, Des Grimmigen Vaters, um die Wunden zu heilen, die Ihm zugefügt von den streitenden Brüdern. Dreie Ihrer Kinder sandte sie nahe der Berge, an dem die Gewaltigen sich gegenseitig erschlagen und die Ewigkeit in Zeit verwandelt hatten. Der älteste Sohn Der Weisen Königin war Arbo, welcher dem Grab der Ewigkeit am nächsten fließt. Ihre älteste Tochter war Winjyk, der ihr Bett im Westen Arbos gelegt wurde, Ihr mächtigster Sohn aber war Thalan, der sein Bett im Osten Arbos hat. Thalan und Winjyk fließen nach Norden zum Ende der Welt, so wie es alle ihrer Geschwister tun. Arbo aber läuft unermüdlich nach Süden, wo er als Meer die grösste Pforte zum Reich Des Gebieters Der Schlachtfelder bewacht, seit dieser in die finstere Unterwelt verbannt worden war.

Zwischen Arbo und Thalan lebten schon lange vor den Tagen, von denen ich hier berichten will, viele Sterbliche, von denen niemand bis auf die Langlebigen vom Kleinen Volke noch direkte Ahnen hätten nennen können, die zu der Zeit des Vermessenen und also dem Beginn des Arbomeeres gelebt hatten. Vorher, so sagen sie, sei auch der Arbo in nördlicher Richtung geflossen und er habe erst nach dem Krieg gegen die Geistberaubten seine Reise nach Süden begonnen. Und es gibt keinen Grund, an ihrem Zeugnis zu zweifeln, denn sie sind stets befreundet gewesen mit dem Grimmigen Vater, dessen Wunden der Arbo heilt. Seit diesen Tagen, an denen also Das Feuer unter Die Erde ging, seien ihre Mütter und Väter neunundvierzigmal von der Jugend zur Weisheit gegangen, so sagen die Weisen vom Kleinen Volk, aber besser muss es heissen, von der Geburt ins Greisenalter, weil nicht alle von ihnen mit dem Alter weise werden. Und es gibt auch hier keinen Grund, an ihrem Zeugnis zu zweifeln, denn sie verbringen viel ihrer ohnehin sehr langen Zeit, um über die Taten ihrer Ahnen und die Entstehung ihres Volkes zu sprechen, häufig auch in Schrift und allein einen einzigen Tadel will ich ihnen in dieser Sache machen: Das sie geizig sind mit ihren Geschichten uns Menschen gegenüber. Dieser Tadel aber kann nicht sehr schwer wiegen, wenn es darum geht, über die Wahrheit oder Unwahrheit ihres Zeugnisses zu richten. Und sehr viele ihrer in der Tat sehr Weisen haben mir bestätigt und sehr wahrhaftig versichert, das so viel Zeit seit dem Großen Aufstand gegen die Götter verstrichen sei.

Mein Bericht über das Leben und die Taten des Danahson, der viel mehr als sein Vetter Gismund, ja mehr noch als Timor, der König der Bauern bewegte, beginnt also neunundvierzig Zwergenbärte, denn so muss man es ja nennen, nach dem Großen Krieg, wenn man von dieser Summe noch die Lebensspanne des Danahson, die seiner Eltern und von mir selbst, die ich nun am Ende meiner Tage bin, abzieht.

Das Arbomeer und die Berge zwischen ihm und dem Dugor Harog waren also schon seit beinahe unzählbaren Tagen die Heimat derer, die dort lebten. Von den Nachfahren des Natan waren neben dem Kleinen Volk die Menschen aus dem Stamm von Phadra unter ihrer Königin Saryma Jura anh Phadra, die die Mutter des Gismund Juro anh Phadra und des Sarymor Juro anh Phadra wurde, schon bevor der Danahson geboren wurde, das älteste Volk dieses Landes, die zwischen den genannten Bergen und dem Arbostrom alles beherrschten. Und die Königin Saryma begann ihre Herrschaft mit der Geburt ihrer Schwester Jura Adryana anh Phadra, bei der beider Mutter, die Königin Evörr Jura anh Phadra, ihr Leben gab. Jura Adryana aber, die die Mutter des Danahson werden sollte, war ein starkes Kind, das wenig Schmerzen zeigte und von ihrem ersten Lebenstag an feste Zähne hatte, die mit ihr wuchsen im Ebenmaße und sehr schön, so dass sie keine Amme brauchte und alles essen konnte, was die Jugend essen kann, so dass sie noch stärker wurde.

Nur jedes siebente lebendig geborene Kind wurde damals alt und kräftig genug, um laufen lernen zu können. Deshalb ist es gewiss Höherer Wille gewesen, dass Jura Adryana ihre Kindheit überlebte. So soll Königin Sarima zum Dank dafür dem Grimmigen Vater jedes Mal am Tage ihrer Schwester Geburt das edelste Opfer des Jahres dargebracht haben, obwohl manche auch sagen, der Nordstern und andere Gestirne hätten sie in ihrer Kindheit beschützt, manche dies der Halbgöttin Evörr oder auch Arbo, der Jura Adryana leidenschaftlich liebte, zuschreiben und ich meine, gar Der Gerechte selbst käme hierfür in Frage. Es waren nämlich seit dem Tode Timors, des Königs der Bauern, sehr kriegerische Tage, weil die Bestien zahlreicher waren als die Menschen, ja in der Zeit zwischen König Timors Tod und der Errichtung des Gesetzes der Halben immer weniger Kinder geboren wurden als im Jahre davor. Das Gesetz der Halben aber war die Wurzel, aus der den Bestien der Richter erwachsen sollte und in den Tagen der Königinnen Evörr und Sarima erinnerte man sich sehr gut an dieses Gesetz, hatten doch die Großmütter der Großmütter der Priesterinnen sich von den Unfruchtbaren getrennt und also noch gemeinsam mit diesen heute Verstossenen gelebt. Der Tod von König Timor war dagegen damals schon so lange her, dass einzig die Überlieferung der Weisesten noch von Tagen erzählen konnten, in denen der Bestienkrieg das Leben nicht bestimmte. Und in all der Zeit des Bestienkrieges wurde von allem Handwerk jenes immer wichtiger, das Waffen erbrachte. Und von allen Waffen fürchteten die Bestien das Eisen am meisten und nur den Mordbrand fürchteten sie mehr, obwohl sie beides selbst benutzten. So hatten mehr und mehr von den Handwerkern sich dem Herrn der Brände zugewandt, der der König der Schlachtfelder und des Totschlags ist. Es rechnet sich nun sehr leicht, dass man in Jura Adryanas Leben das sechste Menschenalter zählte, in dem die Zahl der Menschen wieder wuchs. An dem Tage an dem sie geboren wurde und an dem die Königin Evörr verschied, da blitzte es am klaren Himmel und viel Gesträuch verbrannte, durch dies Zeichen der Kriegsgott den Menschen Mut machen wollte.

Da aber wurde die Herrin Aller Wasser zornig und sie sprach zu ihrem Brennenden Bruder: „Zwei mal schon hast Du die Sterblichen verschwenderisch beschenkt und es war Dir gleich, ob sie´s Dir dankten, dass sie Deiner Gaben im Überflusse hatten weil Du gedankenlos bist in Deiner elenden Freigiebigkeit! Mit dem, was Dir gehört und mit Eisen und mit Mordlust haben sie stets nur schlecht und undankbar getan und schrecklich ist es so gewesen. Beim ersten mal hat Deine Tat Uns Alle entzweit, beim zweiten mal nicht minder und beinahe wären alle Sterblichen umgekommen in Deiner Lust. Leer und einsam wäre unsere Welt, wenn wir Dich frei hätten walten lassen und Du unbestraft geblieben wärst. Und noch immer bist du uneinsichtig in Deinem hochmütigen Stolz und prahlst vor den Sterblichen zum dritten mal!“

Der Herr des Feuers aber verlachte seine misstrauische Schwester und zum Hohn schickte er drei seiner Drachen in die Welt hinauf in der Gestalt von schwarzen Wolken, die regneten trockene Asche vom Himmel und beleidigten die Nebelgeister sehr und das Haupttor seines Reiches spie flüssiges Feuer und so taten auch zwei Berge im Lande der Kinder von Phadra. Diese drei Tore reckte und wuchs er dem Himmel näher und er öffnete sie wie sterbliche Weiber die Lebenspforten und mit Schwefel verschmutzte er fruchtbaren Boden und es wurde Nacht am Tage und die Sterblichen biss der grässliche Gestank.

Zur Antwort öffnete die Königin der Nebelgeister alle Dämme Ihres Zornes, so dass dreihundertunddreiundvierzig Regentage kamen, alle Flüsse und Bäche über ihr Bett traten und die drei Drachen zurückkehren mussten zu ihrem Vater. Sie verschlossen und bewachten die Tore zu seinem Reich und kämpften mit den Nebelgeistern fürchterlich, welche endlich wieder in den Himmel flohen. Die Mutter der Flüsse ließ nun nach in Ihrem Zorn, da Himmel und Erde wieder reingewaschen waren. Voller Rachewillen aber stürmte jetzt Arbo gegen das Haupttor des Feuergottes, erschlug den Drachen, um das Tor einzureissen und seinerseits zu tun, was seiner Mutter an Hohn getan worden war. Doch der Vater der Drachen rächte seinen Sohn und trocknete Arbos Quellen aus und hätte ihn erwürget, wenn nicht aller Regen in der Welt über Arbos Bett gezogen wäre, ihn zu erretten vor dem Tod. Nun gab es in den anderen Teilen der Welt keinen Regen mehr für vierzehn Jahre, denn so lange brauchte Der Gerechte, um den Streit zu schlichten.

Und vor dem Richterstuhl des Sohnes der Himmelsgötter sprachen Feuer und Wasser.

Und das Wasser sprach zu den Göttern: „Sehet, wie vermessen Das Feuer ist, Der Sein Reich verlässt am hellichten Tage, seine Lust hat, die Sterblichen wieder und wieder zu verführen und Mich, Die Ihn mahnt, zur Antwort so sehr verspottet und beleidigt und Meinen Sohn morden will!“

Und das Feuer sprach zu den Göttern: „Seht doch nur, wie vermessen Das Wasser ist, Die Sie meint, Mich richten zu können, Der Ich den Sterblichen heute nur noch gebe, was sie zum Leben brauchen, so wie auch Sie es tut. Und so Ich tue, was notwendig ist, beleidigt Sie Mich darüber und stiftet Ihren Sohn zur Mordtat an!“

Die Götter wollten ein Ende des Streites und dass Beide in Ihr Reich gingen. Doch Das Feuer war damit nicht zufrieden und sprach: „Ich beklage einen meiner Söhne. Und da Ich Ihn beklage, lebt Mein Zorn. Und da Mein Zorn lebt, will ich Rache an dem Mörder Meines Sohnes. Und gerne will Ich Frieden schließen mit Meiner Schwester, wenn Sie Ihn nicht länger schützt und Mir Ihren Segen gibt, Ihm den Garaus zu machen!“

Das Wasser wusste, dass es hier ohne Rache keine Gerechtigkeit geben würde. Aber Sie dachte an die Sterblichen, die vom Arbo lebten und ebenso bestraft würden, wie Ihr Sohn. Auch wollte Sie gar nicht recht erlauben, dass Das Feuer Ihr den Sohn nähme, Dem Sie von Ihren Brüdern und Schwestern am wenigsten gewogen. Und Sie Weinte Mit Ihrer Ihrer Ganzen Seele Eine Träne, Die Ewig War. Und Sie sprach zu den Göttern: „Nicht Ich habe Meinem Sohn gesagt, den Drachen zu erschlagen, sondern er hat es selbst getan in seinem eigenen Willen, aber nur um Den zu strafen, Der Mich gekränkt. Und wenn Euer Urteil ist, dass er sterben soll, dann will ich für den Rest der Zeit bis zur Ewigkeit trauern. Bedenket aber, wer soll dann Das Tor zum Reich Des Feuers bewachen? Auch verlange Ich, es möge nicht Das Feuer sein, der ihm das Leben nimmt, sondern Die Sonne, Der Mir Der Liebste ist.“

Und Der Gerechte dachte Sieben Jahre nach und dann sprachen Die Götter: „Das Feuer soll nie wieder Seine Blitze zum Himmel schicken. Und so Das Feuer dieses nicht mehr tut, muss auch Sein Tor nicht mehr bewacht werden. Und dafür, dass Er auf Die Blitze verzichtet, soll Er als Gegenleistung einen neuen Sohn bekommen. Denn Arbo soll nicht sterben, nicht vom Feuer und nicht von Der Sonne. Aber Das Wasser soll trotzdem auf ihn verzichten und Das Feuer soll ihn nehmen an Sohnes statt!“

Da sagte Das Feuer, dass Er sich dem Urteil beugen wolle. Aber das Wasser wollte sich nicht fügen und sprach: „Was soll nun aus den Sterblichen werden, die am Arbo leben, wenn dieser dem Feuer gehört? Sehet, sie trifft keine Schuld, und doch werden sie leiden unter solchem Urteil!“

Da dachte Der Gerechte Sieben Jahre nach und dann sprachen Die Götter: „Arbo soll beiden gehören, Dem Feuer und Dem Wasser, denn Der Gerechte wird ihm die Gabe geben, seinen Leib und seinen Geist voneinander zu scheiden, so dies nottut oder ihm gefällt, wann immer seine Mutter und sein Vater streiten, da Wir wissen, dass dies noch oft geschehen wird bevor der Ewigkeit. Und der Leib des Arbo soll der Mutter gehören und der Geist dem Vater. Und Arbos Strafe soll sein, dass er erniedrigt werde und den Sterblichen diene. Weil aber Das Feuer begonnen hat mit diesem Streit, soll Es niemals wieder Seine Blitze zum Himmel schicken, wenn der Himmel klar ist, sondern an die Nebelgeister sollen sie gebunden sein.!“

Und Feuer und Wasser unterwarfen sich dem gerechten Urteil Der Götter und versöhnten sich. Und die Quellen des Arbo erblühten wieder und der Regen zog wieder über das Land. So kamen wieder frohe Tage nach den Jahren der Dürre, in denen die Kinder der Phadra gelitten hatten unter ihrer großen Not, nun also trat der Arbo wieder über die Ufer wie es die Menschen gewohnt.

Da war es, dass Königin Saryma ihren zweiten Sohn, Gismund, gebar und sie Timrec, der von Timors, des Königs der Bauern Blut war, ehelichen wollte. Sie fragte die Priesterinnen, ob es den Segen der Götter habe und die Priesterinnen sagten ihr, die Götter hätten ihr ihren Segen schon erteilt in zwei gesunden Söhnen, die die schwere Zeit überstanden hatten. Da fragte die Königin die Versammlung des Heeres, ob sie Timrec, der von Timor abstammte, auch in die Schlacht folgen würden. Die Reiter und alle Helden des Fußvolkes gaben ihr zur Antwort, nur dann wollten sie ihm folgen, wenn ihre Königin ihn zum Gatten nähme vor den Göttern, dem Throne und dem ganzen Heer. Also sprach die Königin: so soll es sein.

Und sie befahl alles herzurichten für die Hochzeit, die, dem Namen der Mutter zu ehren, zur Gleiche von Tag und Nacht gefeiert werden sollte. Es war Sitte bei den Kindern von Phadra zu jener Zeit, dass alle Brüder und alle Schwestern derer, die sich zur Ehe binden wollten, dem Paar die Hochzeitsgewänder anlegen sollten, als wie das Brautgemach bereiten. Zuvor aber sollten sie sich selbst in den Wassern des Arbo reinigen und singen zu seiner Freude und zum Lob des Paares. Nun war aber Jura Adriana die einzige Schwester der Königin Saryma und alle ihre Brüder hatten die Menschtiere geraubt oder die Dürre hatte sie genommen. Und die Brüder und Schwestern des Timrec wollten sich zwar gerne dem Brauch seiner Braut unterwerfen, aber jene, die nicht zu jung oder zu alt zum reisen waren, die stritten fern der Heimat tapfer im Kriege. So kam es, dass sich Jura Adriana, die Schwester der Königin Sarima, zur Mittagsstund alleine auf den Weg zu den Ufern des Arbostromes machte.

Sie erhob ihre Stimme und sang der königlichen Schwester zur Ehr´ und ihrer guten Wahl. Wie hundert Vögel und wie tausend Farben sang sie und errichtete ihr einen Thron aus Klang, dass es dem Arbo eine himmelhohe Freude war. Die Bäume und die Felsen stimmten ein in ihre Weise, wie auch alle Geister des Windes im Tal, so dass ihr Lied auch bis zum Goldenen Thron des Himmels gelangte. Und die Wellen öffneten sich vor ihren Füssen als sie ins Bett des Arbo schritt und sie bedeckten sie und umschlossen wärmend ihren Leib. Und auch die Göttin des Mondes muss dort gewesen sein, denn nie ist eine Frau jemals herrlicher, edler und schöner gewesen als Jura Adryana auf dem Höhepunkt der Melodie, die sie vereinigt mit den Wellen des Arbo sang. In diesem Moment erwachte der Geist des Arbo, der dem Gott der Leidenschaft gehört, und zeigte sich ihr in der Gestalt, wie sie seinem Vater gefällt, als ein gehörntes Schlachtross in der silbernen Farbe der Wellen mit prachtvollen Flanken, starken Beinen und wohlgeformtem Halse, was man die Gestalt des Einhorns nennt. Und groß und herrlich war er, der sich selten in dieser Art sehen lässt und nur jenen, die ihm sehr gefallen. Und er tat, was dem Feuergott gefällt und so tat sie und das Lied wurde Fleisch. Auch Der Gerechte eilte herbei und machte den Tag zu Seiner Stunde und Alle Götter blickten ins Tal, gaben Ihren Segen und trugen allen guten Geistern auf, kund zu tun, welch´ große Gerechtigkeit vollzogen ward im Bette Arbos, wie viel Weisheit, welch´ mächtige Leidenschaft. Denn in diesen Augenblicken, in denen Ewigkeit wohnte, wurde der Danahson gezeugt von einer Sterblichen aus dem Blute der Weltväter, beim Bade im Leib des Arbo zu Ehren der Hochzeit ihrer königlichen Schwester.

Ermattet schlief sie wohlbehütet am Ufer des Flusses ein, aber die Bäume und die Felsen und der Wind hörten nicht auf mit dem Gesang und hundert Vögel, deren Federn in tausend Farben schimmerten, kamen vom Süden herauf um die zu schauen, deren Gesang sie gehört. Sie hörten aber keinen Menschen mehr, sondern nur die Bäume und die Felsen und den Wind, die nicht geendet hatten mit ihrem Gesang und den noch heute jene, die sehr geduldig sind, hören können, weil sie ihn noch heute singen, sehr leise und langsam, aber nach sterblicher Melodie. Aber noch schlief Jura Adryana an den Ufern des Stromes und sie war der schönste Mensch, den die zehnfach Gefiederten jemals gesehen hatten. Da legte jeder Vogel seine schönsten Federn der hohen Frau zu Füßen, dass sie zur Gänze davon bedeckt war. Bald erwachte sie in ihrem Federbett und konnte das Einhorn nicht mehr sehen, denn er war nun unsichtbar für ihre Augen und sie sah ihn nie wieder in dieser Gestalt. Doch keine Trauer umfing ihr Herz, denn die Wellen flüsterten ihr das Geheimnis um den Geist des Flusses zu. Und sie beschloss, die prächtigen Federn mitzunehmen und damit das Hochzeitsgewand ihrer Schwester zu schmücken und das Hochzeitsgewand des Bräutigams ebenso. So wanderte sie den Weg zurück zum hohen Haus der Königin und es wurde die Gleiche von Tag und Nacht. Hinter ihr ging Arbos Geist in seiner schönen Kriegsgestalt in der Weise, dass ihn alle Menschen sehen durften, nur für seine Liebste war er unsichtbar. Und als dem Paar die Brautkleider angelegt wurden, wandte Arbo seinen Blick nicht von der Geliebten. Alle Gäste dachten darum, das Einhorn helfe damit alles herzurichten, alleine Königin Saryma und Timrec aber verstanden, wer er war. Und man feierte die Hochzeit und die hohe Tafel war so reich gedeckt, dass Königin Saryma sich nicht zu schämen brauchte, einen Halbgott zu bewirten. So bekamen die Kinder von Phadra zur Hochzeit ihrer Königin auch einen König, doch niemand sprach drüber zu Jura Adryana und nie wieder durften so viele Sterbliche den Arbo auf diese Weise schauen.

Nun verstrich die Zeit und als Gismund keine Amme mehr brauchte, wurde der Danahson geboren. Das war am längsten Tag des Jahres zur Mitternachtsstund. Zur gleichen Zeit kam da ein Wind herauf vom silbernen Meer und einer vom Dugor Harog herab, auch kam ein Wind vom Thalan östlich der Berge herbei und ein Wind von den westlichen Wäldern ebenso. Mit ihnen schickte Arbo viele seiner Nebelgeister in das Haus seiner Geliebten, mit diesen aber kam auch der Herr des Feuers, der noch bevor Allen Anderen den Sohn seines Sohnes berühren wollte. Die Königin des Himmels sandte Sieben Sterne herab, die Mutter des Danahson zu grüßen. Und siehe: versammelt bei der Niederkunft war die ganze Nacht. Aber der König des Himmels, als er dies erkannte, wollte auch selber sehen was da sonderbares geschah bei den Sterblichen, so sprach er mit geschickter Rede zum Grimmigen Vater und zu dem Gerechten, man könne nicht erlauben, dass Der Kriegsgott alles Vaterrecht für sich alleine nähme. Da lachte Der Grimmige Vater so laut, das es die Berge schüttelte und sprach: "Sprich nicht zu Mir von verlor´nem Vaterrecht, denn Ich bin ja schon dort. Denn Alles, Was Geboren Wird, das gebäre Ich und Ich Bin Der Vater Von Allem, Was Sterben Kann! Nur Du alleine fürchtest um Dein Recht, denn Sieh´ nur, wer schon alles gekommen ist, den neuen Sterblichen zu grüßen und zu sehen: Wir Alle sind schon da, nur nicht Tag und Dämmer weil es Eure Zeit nicht ist. Aber Du sollst nicht bangen um diesen Augenblick, denn sieh: Dein Gerechter Sohn hat eigene Gründe, dort zu sein und wo Er ist, da bist auch Du." Der Himmelskönig aber zürnte Seinem Bruder nicht ob Dessen Späßen und lächelte ihn an, hatte er doch bekommen, was er wollte. Und es dämmerte zur Mitternacht und Die Götter freuten sich sehr und so taten es die Sterblichen. Und nur Der Kriegsgott fühlte Sich bedrängt und fing schon an zu zanken, worüber Er vergaß, den Sohn Seines Sohnes als erster zu berühren und eben so hatte Die Sonne es bezweckt. Was ein Glück war, denn anderfalls wäre das sterbliche Kind gewiss verbrannt. Der Herr Der Brände aber wurd´ darüber zornig und warf Sein Feuer in den Himmel, Die Sonne zu schlagen, doch traf Er stattdessen einen Stern, weil die Tageszeit trotz Dämmerung gerade dem Mond gehörte. Und Er geriet mit Ihr darob in Streit, denn noch heute kann diesen Stern am Himmel brennen sehen, wer genau hinsieht. Und schon zankte der ganze Himmel mit, bis der Grimmige Vater vor Ärger darüber brüllte und die Herrin Der Vier Winde Sie Alle voneinander trennte, so dass schließlich Der Gerechte die Zeit hatte, das Menschenkind höchstselbst zu segnen. Und dann schickte Er alle Götter wieder in Ihr Eigenes Reich und auch Er war zornig darüber, dass Sie in dieser Nacht keinen Frieden halten konnten. Aber Er wußte ja um Die Tagnacht und wie weit sie war und hatte nicht sehr lange Kummer. Der Grimmige Vater aber war mit Seinen streitenden Brüdern und Schwestern recht beschäftigt gewesen und konnte der Geburt nicht mit allen Seinen Händen helfen, so dass Jura Adryana in dieser Nacht schwere Qualen leiden musste.

Und als der Morgen kam, gab Königin Saryma dem Kind seine Namen und legte ihrer Schwester den Sohn in die beiden Hände. Und die Namen waren Ryan nach der Mutter Jura Adryana und Arbon nach dem Vater und Juron nach der Großmutter der Jura Adryana, aber nicht Juro, weil ihre eigenen Söhne schon so hießen. Wonach noch genannt wurde, dass er aus dem Hause der Kinder von Phadra stammte, aber er wurde noch anh Riamodan genannt, was bedeutet, dass sein Großvater der Gott des Feuers ist und er wurde auch anh Riasion genannt, was bedeutet, dass Der Sonnengott ihm bei der Geburt das Leben rettete vor Dem Gott Des Feuers und von Diesem somit das Vaterrecht erwarb. Man nannte ihn also Ryan Arbon Juron anh Phadra Riamodan Riasion und es war sein Name. Aber häufiger sagte man Ryan anh Phadra, weil sein richtiger Name Ryan Arbon Juron anh Phadra Riamodan Riasion ein sehr langer Name ist, oder Ryan, weil dieses noch kürzer ist. Später aber nannte man ihn nur noch den Dan anh Son, was bedeutet, dass er tapfer und blutig stritt für Alle Götter und mit Gerechtigkeit unter dem Kreis. Ich selber nannte ihn stets Ryan, meinen Gatten, in unseren gemeinsamen Tagen, in dieser Schrift aber schreibe ich von ihm als dem Danahson, was ebenso gut ist wie Dan anh Son aber darüber hinaus noch beschreibt, dass sein Name nicht Dan aus dem Hause von Son war, sondern einem Titel gleich bedeutet, dass er unter dem Kreise mit Gerechtigkeit blutig und tapfer stritt für Alle Götter. Das Haus derer anh Son ist erst das Haus seiner Nachfahren, die in den besseren, heutigen Tagen Könige sind in vielen Teilen der Welt. Der Danahson wurde mit einem langen Bart geboren und er sprach vom ersten Augenblicke seines Lebens in deutlichen Worten und sein erstes Wort war: "Demut!" und da dankte seine Mutter Den Göttern für dieses Geschenk, ihr erstes Kind, und so taten auch alle Menschen unter der Königin Saryma, wie auch sie selber.

Zeit ging vorüber, in der die Königin noch sechs Töchter und vier Söhne hatte, deren Namen waren (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 7+1, 9, 10) und in der ihre Schwester noch fünf Töchter hatte, deren Namen waren (11, 12, 13, 14, 15). Timrec war der Vater jedes Kindes der Saryma, aber die Töchter der Jura Adryana hatten verschiedene Väter, denn wann immer sie heiraten wollte, kam der eifersüchtige Arbo und tötete den Nebenbuhler, so dass sie sehr traurig wurde. Danahson zürnte seinem Vater und sagte: "Dieses ist ungerecht!", aber diesen kümmerte es nicht und man konnte nichts dagegen tun, so dass Jura Adryana sich bald keinen Gatten mehr nehmen wollte. Und Der Gerechte Weinte Darüber Eine Träne.

Und die Zahl der Menschen wuchs seit dem Gesetz der Halben, weil es den Göttern so gefiel und die Kinder von Natan und Ischan demütig unter ihren Gesetzen lebten und harte Arbeit taten. Trotzdem dieses Reichtums wuchs der Wohlstand der Königin Saryma nicht und nicht der ihres Volkes, denn viel Krieg musste das Heer führen, viele kamen darin zu Tode und das Handwerk der Waffenmacher klagte nicht weniger Mühe und Reichtum ein, als alles andere Handwerk zusammen, ausgenommen jenem der Brotmacherei. Und dennoch wuchs auch die Zahl der Menschtiere und ihre Kinder, die in Wahrheit von bösen Geistern gezeugt wurden, waren zahlreicher als die der Menschen. Und während Gismund und der Danahson das Waffenhandwerk lernten, so wie sie alle zu dieser Zeit, wenn sie alt genug wurden, da zog der älteste Sohn der Königin, Sarymor Juro, an der Seite seines Vaters schon mit den Reitern und dem Fußvolk in den Krieg, wo sie viel Totschlag begingen, so dass es herrlich war.

Schon bald nach dem Tode Timors, des Königs der Bauern, hatten die Bestien damit begonnen, den Menschen die Töchter und Söhne zu rauben und grässlich zu verderben. Und das Kleine Volk sagt, dass von diesen die Trolle abstammen, von denen die dummen die Sklaven, die wenigen gerissenen aber die Könige der Tiermenschen wurden. Und als das Gesetz der Halben erbracht worden war, hatten die Trolle damit begonnen, sich mit jenen Bestien, die in Höhlen hausen und die wir die Kobolde nennen, zu paaren, so dass es widerwärtig war. Und die davon abstammen, haben Hände, die kräftig und geschickt zugleich sind, und wir nennen sie die Menschtiere-zur-halben-Hand. Und noch vor der Zeit der Dürre waren sie geschickt darin geworden, Eisen zu benutzen und Pfeile zu schießen. Und während der dreihundertunddreiundvierzig Regentage, die auf die Geburt der Jura Adryana folgten, warfen die Trolle schuppige Bestien, die schwimmen und das Feuer fürchten und wir nennen sie die Menschenschlangen. Und während der vierzehn Dürrejahre warfen die Menschtiere-zur-halben-Hand neue Bestien mit Fell und wir nennen sie die Menschhunde. Und ein Bestienkönig ließ seinen Namen bellen in den Jahren nach der Geburt des Sarymor Juro anh Phadra, in denen er zur Macht gekommen war und er nannte sich Botischan, der König der Trolle, der er verheerte mit den Seinen alles Land im Süden des Silbernen Arbomeeres. Und nach den Jahren der Dürre bedrängte er das Volk von Timors Erben, zu denen auch Timrec zählte, der der Gatte der Königin Saryma war. Dieses Volk lebte im Norden des Silbernen Meeres und im Süden des Reiches der Königin Saryma und war sehr streitbar und ihre alte und weise Königin war Jana Rymara anh Timor zur Zeit der Hochzeit ihres Sohnes Timrec mit der Königin Saryma. Und sie verstarb kurze Zeit später und ihr folgte ihre Tochter Jana Derya anh Timor auf den Thron, die, wie es sehr ungewöhnlich war bei den Kindern von Timor, ihr Heer selber in die Schlacht führte und darin ein Geschick hatte. Der König Botischan hatte, als Königin Jana Derya auf den Thron kam, schon alle Menschen im Süden und im Osten des Silbernen Meeres getötet, versklavt oder tributpflichtig gemacht und alle Arten der genannten Bestien in seinem Heer versammelt und noch viele mehr. Und er wurde selber bedrängt von den Menschen im Westen des Arbomeeres, die im Bunde waren mit Bestien, die den König Botischan von Süden her bedrängten. Diese Menschen aber waren Barbaren, die Wesen und Namen der Götter nicht kannten und heute keine Nachfahren mehr haben, weil dieses Volk heute längst vergessen ist. Jedenfalls musste die Königin von Timors Volk mit ihnen ebenso viel Krieg führen, wie mit dem König Botischan. Es waren bald fürchterliche Schlachten in jedem Sommer an den Ufern von Meer und Strom und nach Rost schmeckten viele treue Wellen. Und häufig kämpften die Heere der Königinnen Saryma und Jana Derya Seit´ an Seit´ und es brachte den Kriegern viel Mut, den Geschwistern nachzufolgen. Und es geschah, dass Sarymor den König der Westmannen erschlug und all ihre Behausungen verbrannte, als er die Reiter seiner Königin tief in deren Land führte. Und er war noch keine einundzwanzig Jahre alt, als er den Leib des Westmannenkönigs entzweihieb und die Brocken dem Feind entgegenwarf, er behielt aber das Haupt und beschenkte damit seine Tante, die es fortan auf ihrem Feldzeichen trug. Als dies aber die Späher des Botischan sahen und ihrem König davon erzählten, da fühlte er sich sicher im Rücken und führte sein ganzes Heer gegen das kriegerische Bauernvolk in seinem Norden. Dies geschah aber, als Timrec mit dem Fußvolk im Dugor Harog an der Seite des Kleinen Volkes stritt und an ihrer Seite kämpften noch die Krieger des Königs Beretryl aus dem Blute Ischans und die Bogenschützen des Königs Canupher, der in dem Lande zwischen dem Dugor Harog und dem Reich der Königin Saryma herrschte. Und nach dem Sieg opferten sie alle Bestien, die sich ergeben hatten, dem Gott des Krieges, der sich darüber prächtig freute. Und gleichzeitig stritt Sarymor mit den Reitern seiner Königin in der weiten Steppe im Nordwesten und trieb die Bestien in die Wälder. Königin Jana Derya aber errang keinen Sieg gegen Botischans ganze Heeresmacht, denn obwohl jeder ihrer Reiter vierzehn Feinde niederstreckte und jeder ihrer Bogenschützen traf, verlor sie bald die Hälfte ihres Heeres und ihr Feldzeichen und musste die Toten unbestattet lassen, den Bestien zum Fraß. Und sie schickte Boten zu den Kindern von Phadra um Hilfe, doch die Kriegesmacht von Königin Saryma war im Norden und keine Hilfe kam. Da legten die Kinder von Timor Brände an ihren Grenzen und hinter den Bränden bauten sie Mauern und dies kostete ihrer Königin die Hälfte ihres Landes, nämlich den ganzen Osten, in dem daraufhin die Bestien hausten. Nur die Mauern, die von Königin Jana Derya verteidigt wurden mit Todesmut, hielten die Horden des König Botischan zurück. Viel ungesühnten Spott mussten die stolzen Menschen durch die Bestien hier ertragen. Zu spät kam Sarymas Heer, es waren nur noch Mauern zu beschützen. Manche der Reiter von Phadra sagten jetzt, man solle wieder umkehren, weil hier kein heldenhafter Sieg zu erringen wäre und kein Ruhm, doch Sarymor gebot ihnen zu schweigen. Nun prahlten einige von Phadras Kriegern mit den drei Siegen, die sie so schnell erstritten hatten, während Timors Volk sich hinter Mauern verstecke, da verbot Timrec einem jeden seiner Krieger das Sprechen. Jedoch war nichts ungehört geblieben, weil über viele Wege Worte das Ohr der Königin Jana Derya erreichten, sie sich alles merkte und selber nicht darüber sprach. Sie und ihr Bruder kamen überein, Sarymas Heer auch auf die Mauern zu schicken und die Krieger gemeinsam zu lassen, unter Sarymors Befehl, so dass sie sich erinnern mochten an gemeinsam vergossenes Blut und sie erinnerten sich dann auch bald. Die Geschwister aber wollten gemeinsam zum hohen Hause Phadras reisen, um sich mit seiner Königin zu beraten. Und heimlich nahm Königin Jana Derya alle ihre besten Krieger mit.

In ihren herrschaftlichen Hallen empfing sie vortrefflich Königin Saryma, die viele gute und tröstende Worte für ihre Gäste hatte und ob ihres Gatten die Königin Jana Derya ihre Schwester nannte. Erlesene Speisen wurden aufgetragen und man ehrte mit Trunk die Gefallenen. Doch die Königin Jana Derya war schweigsam und blickte auf all die jungen Sprosse aus dem Herrscherhause des Volkes von Phadra, schaute Gismund und den Danahson, die zu prächtigen Jünglingen herangewachsen waren. Sie dachte dabei an die eigene Sippe, die viel Blut gelassen hatte, daran dass noch vor kurzer Zeit ihr Volk der kriegerischen Bauern reicher und mächtiger gewesen war als das Bergvolk. Und selber hatte sie ihre wenigen Kinder verloren an den Krieg. Zu ihrem verletzten Stolz ob der Spötterei, die sie durch Phadras Kriegsleut´ hatte erfahren müssen und zu ihrem Schmerz gesellte sich nun der Neid auf Königin Sarymas Kinderreichtum. So sprach sie zornig gegen ihren Bruder: "Ich höre allenthalben von sehr großen Siegen, die Phadras Heer unter deiner weisen Leitung hat errungen. Und dein Sohn ist allen Kriegern der Menschen ein Leitfeuer an Tapferkeit. Vom Meer bis zu den Marschen spricht man von Timrec und von Sarymor voll Ehrfurcht und man hebt den Trunk auf euer Wohl. Erkläre mir, warum es nur so ist, wo doch das Volk von Timor, dem König der Bauern, so arg bedrängt wird von der Heeresmacht der Bestien. Kommen die Siege, die man dir zuschreibt, so beisammen, dass du dir von allen Bestien nur die schwächsten suchst, sie zu befehden? Und ist etwa das Wohl, das man dir zutrinkt, darin, dass du weit weg bist, wenn dein eigenes Volk im Kriege steht? Woher kommt dein Ruhm, wo doch deiner Mutter Geist vor Schmerz und Trauer weint, was du hättest vereiteln können? Wen nennst du denn die Deinen? Die Kinder von Timor? Dann hast du uns verraten! Oder nennst du so das Volk deines Eheweibes? Dann nützt deine Tapferkeit dem Trollkönig mehr als den Menschen!" Ihrem Gatten zur Wehr sprach da Königin Saryma: "Zornig, nicht gerecht, sprechen die Trauernden, die tapfer sich der Trägheit widerstehen. Und meine königliche Schwester ist die tapferste von Allen Unter Dem Himmel. Doch wer besonnen ist, soll dem Zorn der Schwester und des Bruders schnell verzeihen, denn auch für die Besonnenen werden die Tage der Trauer nicht ausbleiben." Nur die Königin von Timor wollte von Besonnenheit nichts hören und sprach: "Du redest von Besonnenheit, wohnst aber jenseits der Schlachten, bist reich an Töchtern und Söhnen, wirst von einem starken Gatten beschützt, der darüber seinen eigenen Stamm gänzlich vergisst sowie, dass er mein Bruder ist, so wie auch du vergessen hast, dass zwischen König Botischan und deinen Bergen alleine mein Volk und meine Mauern stehen!" Und es sprach Königin Saryma: "Gab ich dir denn nicht jetzt mein Heer? So siehe und erkenne, es muss nicht wieder gehen, denn es leben keine Bestien mehr im Dugor Harog. Westlich des Arbo sind in der Steppe und im Süden keine Feinde mehr, die nicht vor unserer Rösser Anblick fliehen. Alle diese Orte sind nun sicher und sie zu schützen kostet mich nicht mehr als Wachsamkeit. Nur noch der Botischan droht hinter deinen starken Mauern, so wie´s jedoch nicht bleiben wird!" Und es sprach Königin Jana Derya: "Oho! Ich weiß sehr wohl von deiner Heermannen Siegestaten und ihrer Gier nach Ruhm! Mein Volk zu schützen werden sie indes bald überdrüssig sein. Du sagst, du seist nun sicher im Norden und im Westen? Dann wirst du gänzlich sicher bleiben, an allen Grenzen deines Reiches, solange nur mein Volk bedrängt bleibt, wie es ist! Ja, Königin von Phadra, preise deine Siege, denn glänzend hast du mit dem Schicksal gefeilscht! Du hast mit Weizen Stroh bezahlt, so viel wert sind deine Siege! Kannst aber Siegerin nur sein, weil es nicht dein Weizen war, den du verschwendet hast, sondern das beste Land von meinem Reich! Ich bin gekommen, den Preis von dir zu fordern!" Und es sprach Königin Saryma: "Was ist dein Preis?" Und es sprach Königin Jana Derya: "Ich verlange meinen Bruder zurück von dir, sowie alle seine Söhne nach dem Vaterrecht, welches das Recht Timors, des Königs der Bauern war. Und du sollst keine Rechte mehr an ihnen haben, denn mir allein sollen sie fortan gehören. Und dein Heer soll meinem Bruder weiter folgsam sein. Denn niemand vermag deine Heermannen gleicherart im Zaum zu halten, wie er. Und dass du mich hierin nicht betrügst, soll besiegelt sein durch deine Schwester, die dir die Liebste ist und ich als Geisel fordere." Und es sprach Königin Saryma: "Gib mir Bedenkenszeit bis zur gerechten Stund, dann sollst du deine Antwort haben." Und es sprach Königin Jana Derya: "So soll es sein." Im Tempel ihres hohen Hauses suchte nun Phadras Königin um Rat und mit ihr waren ihre sechs weisesten Priesterinnen, die verbrachten hier die Nacht in Gebet und Zwiegespräch und opferten den Göttern reich. Und mitten in der Nacht, als Sterne schienen, kamen Timors beste Krieger aus ihren Verstecken, legten Timrec in Ketten und töteten alle, die Waffen trugen und nicht zu ihnen selbst gehörten. Jedes Haus und jeden Turm besetzten sie und setzten Riegel an die Pforten des Tempels. Ihre Königin setzte sich auf Sarymas Thron, von wo aus sie selbst bestimmen wollte über die Dauer der Bedenkenszeit. Und es vergingen sechs Nächte. Da sprach Gismund in der Siebenten Nacht zu seinem Vetter, dem Danahson: "Wir zählen nun beide noch keine vierzehn Winter. Aber gemeinsam sind wir alt genug, zu kämpfen gegen Männer. Keiner unserer Vettern ist geschickter mit Spieß und Pfeil und Eisen als wir, die wir unsere Lehrer übertreffen und selbst nur übertroffen werden von meinem Vater und meinem Bruder Sarymor. Lass uns der Feinde Waffen nehmen und sie fortjagen wie Hunde." Da sprach der Danahson: "Es ist gerecht, deine Mutter und deinen Vater zu befreien, doch dürfen wir nicht Hand anlegen an die Königin Jana Derya." Und beide sagten nun, dass es so sein möge. Da nahmen sie die Waffen und schlugen viele Krieger Timors tot. Und als es dämmerte, sprengten sie die Riegel, die Phadras Königin gefangen hielten, so dass die Königinnen sich ins Antlitz schauten vom Tempel zum Thron. Dazwischen war nun so viel Blut, dass der Morgen wie Feuer strahlte und es dem Schlachtengott gefiel, der sehr stolz auf seine beiden Schüler war. Da sprach der Danahson: "Oh Jana Derya anh Timor, Königin der Kriegerischen Bauern! Du sitzt auf Phadras Thron, der Thron ist nach dem Recht der Mutter, doch hast du kein Recht daran. Und du sitzt auf Timors Thron, nach dem Recht des Vaters, nach dem du deinen Bruder besitzen willst und ihn von seiner Gattin zurückforderst. Nun bedenke aber, wenn du dich dem Vaterrecht alleine unterwirfst, ist es dann rechtens, dass du den Thron von Timor hältst? Denn nach dem Recht des Vaters sollte dein Bruder, den du besitzen willst, König sein, nicht du. So möge denn verfahren werden nach dem Recht des Vaters, der da Timor heisst. Nun sitzt du aber auf dem Mutterthrone Phadras ohne Recht daran zu tun und auf dem Vaterthrone Timors sitzt du nun ebenfalls, ohne Recht daran zu haben. Doch was Unrecht ist, soll sich in Recht verwandeln. So sollen die Throne von Mutter und Vater vereinigt werden und das Gesetz der Mutter und das Gesetz des Vaters, die sollen gemeinsam werden vor dem Gesetz des Alters. So soll der älteste Sohn oder die älteste Tochter von König Timrec und von Königin Saryma der Erbe beider und Herrscher ihrer Reiche werden und siehe: dieser ist Sarymor, der hier nicht streitet, sondern im Süden gegen die Menschtiere. Und wie ich es sage, so ist es gerecht. Und so es gerecht ist, darum wollen es die Götter!" Der Danahson war herrlich anzusehen bei diesen Worten, wie er da stand zur Dämmerstund auf den erschlagenen Leibern seiner Feinde und dem blutigen Schwert in seinen Händen, zur Rechten Die Sonne, zur Linken Den Mond, ein bärtiger Knabe, nicht Mann und nicht Weib. So kamen Worte aus seinem Munde von hoher Gerechtigkeit, da war er anzusehen wie der Unsterbliche Richter selbst. Also sanken alle aus dem Volke Phadras und alle aus dem Volke Timors auf die Knie und alleine Königin Saryma blickte dem Danahson stehend entgegen. Nun wurden alle froh und unterwarfen sich dem Richterspruch, so dass man Sarymor zum Erben von zweierlei Königswürde erklärte, jedoch bis dahin Königin Saryma über ihren Gatten und seine Schwester herrschen solle.

Nun war aber die Königin von Phadra und Timor sehr besorgt, denn hatte nicht der Sohn ihrer jüngeren Schwester, ein Knabe, die Gerechtigkeit verkündet, wie es doch an ihr, der Königin gewesen wäre? Und sie beschloss, ihm den Bart zu rauben und ihn selber zu tragen, um weise zu richten über zwei Königreiche, wie es ja sehr nötig war und drängte. Doch zuvor beriet sie sich mit ihren Priesterinnen über diese Sache und diese sagten ihr: "Trägst du aber als Frau den Bart des Gerechten, so werden die Götter dir keine Kinder mehr schenken, so lange du ihn trägst, denn Der Gerechte kann nicht zeugen und er kann auch nicht gebären." Da sagte Königin Saryma, so möge es sein und ließ dem Danahson den Bart abschneiden und trug ihn selbst von diesem Tage an und wurde zur weisesten Richterin ihrer Tage. Der Danahson aber war von diesem Tage an wie alle anderen sterblichen Kinder und er wurde zum Manne. Und was übermenschlich war an ihm, kehrte erst zurück am Tage seiner Erleuchtung, von wo an man ihm den Namen Danahson gab.