Vier Fragen zur Erstellung eines arbonischen Charakterhintergrundes: Unterschied zwischen den Versionen

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Außerhalb der Gesellschaft sind die Vogelfreien und Sippenlosen. Man könnte sie als Nullte Klasse bezeichnen. Wenn sie sich aber trotzdem innerhalb der Gesellschaft bewegen wollen, müssen sie sich als etwas Anderes ausgeben. Realistischer Weise steht ihnen dafür der niedrigste Status der Gesellschaft zur Verfügung: Die Tagelöhner.  
 
Außerhalb der Gesellschaft sind die Vogelfreien und Sippenlosen. Man könnte sie als Nullte Klasse bezeichnen. Wenn sie sich aber trotzdem innerhalb der Gesellschaft bewegen wollen, müssen sie sich als etwas Anderes ausgeben. Realistischer Weise steht ihnen dafür der niedrigste Status der Gesellschaft zur Verfügung: Die Tagelöhner.  
  
Nur Wenige haben diesen Status für eine lange Zeit, weil man sich nur saisonal mit Gelegenheitsarbeit durchschlagen kann. Jeder Tagelöhner muss wenigstens für den Winter eine feste Stelle als Knecht, Magd oder sonstwas finden oder eben dem Sippenoberhaupt auf der Tasche liegen. Für manche Leute ist das Tagelöhnerdasein auch die einzige Möglichkeit zu reisen. Junge Leute, die auf dem ärmlichen Hof der Eltern nicht mehr durchgefüttert werden können, schlagen sich auf der Suche nach einer Anstellung als Tagelöhner durch. Sie können dabei hier und da sehr wilkommene Gäste und Arbeitskräfte sein, aber ihr Status leidet darunter, dass in ihren Reihen auch Fremde, Flutländer und Barbaren vertreten sind und sich zwischen ihnen häufig Vogelfreie verstecken.
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Nur Wenige haben diesen Status für eine lange Zeit, weil man sich nur saisonal mit Gelegenheitsarbeit durchschlagen kann. Jeder Tagelöhner muss wenigstens für den Winter eine feste Stelle als Knecht, Magd oder sonstwas finden oder eben dem Sippenoberhaupt auf der Tasche liegen. Für manche Leute ist das Tagelöhnerdasein auch die einzige Möglichkeit zu reisen. Junge Leute, die auf dem ärmlichen Hof der Eltern nicht mehr durchgefüttert werden können, schlagen sich auf der Suche nach einer Anstellung als Tagelöhner durch. Sie können dabei hier und da sehr willkommene Gäste und Arbeitskräfte sein, aber ihr Status leidet darunter, dass in ihren Reihen auch Fremde, Flutländer und Barbaren vertreten sind und sich zwischen ihnen häufig Vogelfreie verstecken.
  
 
==== 2.5.3: Hörige, Mägde, Knechte ====
 
==== 2.5.3: Hörige, Mägde, Knechte ====

Version vom 19. Dezember 2013, 14:28 Uhr

Um einen Arbonier zu spielen, braucht man eigentlich keinen Hintergrund. Man wird selten IT gefragt, wo man herkommt und noch seltener will jemand Details über die Heimat eines Einzelnen wissen.

Anders sieht es schon wieder aus, wenn man eine Gruppe Arbonier spielt. Schnell ergibt sich ein Beziehungsgeflecht, in dem die Einzelnen wissen müssen, wie sie miteinander umzugehen haben. Hat man darüber hinaus den Anspruch, dass die IT-Beziehungen der Charaktere zueinander nicht eins zu eins die OT-Beziehungen der Spieler zueinander wiedergeben sollen, kommt man schon nicht mehr darum herum, sich ein paar mehr Gedanken über seinen Hintergrund zu machen.

Wir haben diesen Anspruch. Mehr noch: Wir wollen darstellen, dass unsere Charaktere die meiste Zeit ihres Lebens im gleichen Land leben und folglich von einem gemeinsamen kulturellen Umfeld geprägt wurden.

Wer mit diesem Anspruch einen arbonischen Charakter bespielen will, braucht Hintergrund mit ein paar Details.

Welche Details benötigt werden, um das "Arbonier sein" darzustellen, darum geht es hier. Anhand von vier Fragen, werden Themen vorgestellt, die für die Einbindung deines Charakters in den Landeshintergrund relevant sind. Diese vier Fragen sind:

  • In welchen Abhängigkeitsverhältnissen befindet sich dein Charakter?
  • Welchen Status hat dein Charakter?
  • Welches Alter hat dein Charakter?
  • Welche Ziele hat dein Charakter?

Falls dir diese Erläuterungen zu lang sind, solltest du wenigstens die Abschnitte

gelesen und verstanden haben.

Alle Hinweise in diesem Artikel beziehen sich auf Menschen als Charakterrasse, weil mit "Arbonier" erstmal nur Menschen gemeint sein können. Wenn du einen arbonischen Zwerg oder Hobbit spielst, sind die Aussagen in diesem Artikel im Großen und Ganzen aber ebenfalls gültig.

Die Aussagen in diesem Artikel zielen auf Allgemeingültigkeit. Sie sollen also für jeden Charakter im gleichen Maße zutreffen. Spezielle Informationen zur Darstellung eines einzelnen Konzeptes wie z. B. "Page", "Priester" oder "Paladin" wirst du hier nicht finden.


1. In welchen Abhängigkeitsverhältnissen befindet sich der Charakter?

1.1: Haushalt, Sippe, Heerverband

Der Individualismus der modernen westlichen Welt existiert im arbonischen Denken nicht! Man begreift sich selbst immer als Teil einer Gruppe. Es ist lebenswichtig, in soziale Netze eingebunden sein. Wer zu niemandem gehört, ist vogelfrei und lebt nicht mehr lange.

Die soziale Vernetzung hat immer mindestens drei Kategorien: Haushalt, Sippe und Heerverband. Sich darin zu positionieren ist für die Stellung des Individuums in der Gruppe bestimmend. Diese Bindungen sind wichtiger, als das Verhältnis von Einzelpersonen untereinander. Von Haushalt, Sippe und Heerverband hängen Leben, Identität, Wohlstand, Glück und "Freiheit" ab. Weder der beste Freund, noch die große Liebe haben solche Bedeutung.

Es ist nicht nötig, sich dutzende von Details dazu auszudenken. Es ist nur wichtig zu wissen, dass der eigene Charakter sich sehr exakt in diesen Netzwerken verorten kann, um dann im Spiel so zu tun, als hätte man eine riesige Fülle an sozialen Informationen (die eine wirkliche Person ja über ihr Lebensumfeld hätte). Es ist unmöglich, so viele Details über das Leben einer fiktiven Figur zu wissen, dass man nichts mehr improvisieren muss. Hintergrundlücken gehören dazu. Deine MitspielerInnen werden dich nicht absichtlich in deine Lücken hineinmanövrieren, sondern dich lieber auf das anspielen, von dem du signalisierst, dass du es weißt. Also keine Panik.

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1.2: Der Haushalt

Unter einem Haushalt ist in Arbon nicht das gleiche zu verstehen, wie das, was wir in unserer modernen Lebenswirklichkeit damit bezeichnen. In Arbon ist der Haushalt nicht einfach der Wohnbereich einer Person, sondern auch das, was die materielle Grundversorgung ermöglicht. Niemals wird ein Haushalt nur von einer Einzelperson bewohnt, sondern immer von einer arbeitsteiligen Gemeinschaft. Diese wird als unmittelbare Familie empfunden, selbst dann, wenn sie nicht aus Verwandten besteht, wie z. B. die Brüder und Schwestern eines Klosters. Der Haushalt ist die Lebens- und Überlebensgemeinschaft ersten Ranges und genießt in Interessenkonflikten bei jedem vernünftigen Menschen Priorität.

Jeder in diesem Haushalt hat entsprechend seiner Aufgaben einen Rang, von dem sich zum Teil sein Status in der Gesellschaft ableitet. Zugleich hat aber auch der Haushalt als Ganzes einen Status, der auf seine Individuen abfärbt. So kann der Leibeigene aus dem Haushalt eines Barons höheres Ansehen haben, als der freie Knecht aus dem Haushalt eines Kleinbauern. Er kommt nämlich in ganz wörtlichem Sinn "aus besserem Hause".

Der kleinbäuerliche, 5-7-köpfige Betrieb, in dem ein Ehepaar, drei (arbeitende) Kinder und evtl. noch Knecht und Magd leben, ist idealtypisch. Er stellt die kleinste noch dauerhaft überlebensfähige ökonomische Einheit dar. Im Denken der Arbonier sind von diesem Idealtypus alle Konzepte von "Hof" und "Haushalt" abgeleitet.

Die archetypischen Rollen, die in diesem Haushalt ausgefüllt werden, zieht man auch als Erklärungsmuster für das politische und gesamtgesellschaftliche Gefüge zu rate. Auch wenn jemand in einem viel größeren Haushalt aufgewachsen ist, in dem es weit mehr spezialisierte Aufgaben gibt, so ist es doch der überall bekannte und in fast jeder Region vorhandene kleinbäuerliche Hof, der das gedankliche Raster zur Verfügung stellt, um die soziale Welt zu erklären.

Die Rollenverteilung sieht dabei aus wie folgt:

  • Die "Mutter" verteilt die Arbeitsaufgaben und die gemeinsam erarbeiteten Güter. Sie ist dabei weise und gerecht, so dass das Glück gewogen und das Unglück fern bleibt. Im gesamtgesellschaftlichen Modell nimmt also die verwaltende und richtende Oberschicht die Mutterrolle ein.
  • Der "Vater" hütet das Haus. Er ist dabei treu und tapfer, er hält Diebe und Raubtiere fern. Im gesamtgesellschaftlichen Modell nimmt also die kriegerische Elite die Vaterrolle ein.
  • Den "Kindern" sowie "Knecht und Magd" fällt es zu, dankbar, fleißig und gehorsam zu sein. Im gesamtgesellschaftlichen Modell nehmen die Beherrschten diese Rollen ein.

Dass "Magd und Knecht" in diesem Modell nicht einfach unter den Kindern subsummiert werden, repräsentiert die Tatsache, dass man zwar immer irgend einem Haushalt zugehörig ist, aber nicht unbedingt in ihm aufgewachsen sein muss und nicht jeder lebenslang dort bleibt. Auch können einige wenige Personen, meist Priester und Adelige, gleichzeitig zu mehreren Haushalten gehören.

Wer auch immer zum Haushalt gehört, also länger in ihm lebt, als ein Gast oder ein Tagelöhner, zu dem besteht ein quasi-familiäres Vertrauensverhältnis.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine Gruppe Arbonier auf einem Con Charaktere spielen, die dem Hintergrund nach nicht zusammen leben. Aber eine Reisegruppe ist auch immer so etwas, wie ein temporärer Haushalt. Wenn dein Charakter also in Gesprächen das "Abenteuerleben" mit "Daheim" vergleicht, bietet das Haushaltsmodell dafür einen passenden Bezugsrahmen.

1.3: Die Sippe

Anders als unsere heutige Vorstellung von Großfamilie, die wir häufig als etwas sehr Zufälliges mit unscharfen Grenzen empfinden, können Arbonier ihre Sippenzugehörigkeit klar benennen und scharf von sonstiger Verwandtschaft abgrenzen. Es ist eindeutig definiert, wer als Sippenoberhaupt respektiert zu werden hat. Es ruft seine Autorität mindestens bei jeder größeren Familienfeier in Erinnerung. Außerdem stellt die Sippe ein weiteres zentrales Netzwerk für jeden Arbonier dar.

Wer keine Sippenzugehörigkeit hat, ist sippenlos und gilt als Ausgestoßener. Das ist entweder gleichbedeutend mit Vogelfreiheit oder rechtfertigt einen sklavenähnlichen Status, in dem der Herr kaum noch in der Pflicht steht, für das Wohlergehen des Sippenlosen zu sorgen – ein Zustand, der theoretisch weit unter der sonst üblichen Leibeigenschaft liegt, auch wenn er in der Praxis häufig milder ausfällt.

Obwohl die Sippenzugehörigkeit oft als weniger unmittelbar empfunden wird, als die Haushaltszugehörigkeit, hat sie doch für die meisten Menschen langfristigere und nachhaltigere Konsequenzen. So hängt von der Sippe ab, ob man adelig ist, oder nicht. Falls die Sippe adelig ist, hat sie einen Namen, der zusätzlich zu den eigenen Vornamen getragen wird. Man kann seine Sippenzugehörigkeit allein durch Eheschließung wechseln, braucht aber zum heiraten die Zustimmung des Sippenoberhauptes. Dieses ist so gut wie immer die reichste und/oder mächtigste Person innerhalb ihrer Sippe und hat diesen Reichtum so gut es kann zum Wohl des Sippenverbandes einzusetzen. Bei besonders weitreichenden Geschäften holt man sich Unterstützung beim Sippenoberhaupt und akzeptiert, dass es einem reinredet. Wenn ein Haushalt in eine Notlage gerät, die mit der üblichen Nachbarschaftshilfe allein nicht zu meistern ist, hilft der Sippenverband. Reichtum und Autorität des Sippenoberhauptes haben das sicherzustellen.

Vereinfachend stellen sich viele Arbonier die Sippe auch als einen Verband von Haushalten vor, die sich wiederum mit anderen Sippen zu einem Heerverband zusammengeschlossen hat. Obwohl ein solches pyramidenförmiges Bild die Orientierung erleichtern kann, ist die Wahrheit natürlich komplexer. D. h., dass jeder dieses Schema kennt, aber jeder auch weiß, dass es im Einzelfall stets unzutreffend ist.

Der Sippenverband ist auch eine Kultgemeinschaft. Die Sippe glaubt an eine gemeinsame Abstammung und verehrt gemeinsame Ahnen, deren Macht und Wohlwollen über Glück und Unglück ihrer Nachkommen entscheiden. Bei mächtigen und erfolgreichen Sippen kann das als fast genauso wichtig empfunden werden, wie das Wohlwollen der Götter. Je ärmer und unwichtiger aber eine Sippe ist, desto geringer ist die Rolle, die sie im Leben ihrer Angehörigen spielt und desto geringer ist auch die Autorität des Sippenoberhauptes. Wenn also die Sippe komplett aus Hörigen und Tagelöhnern besteht, ist sie ein kraftloses Netzwerk, das für seine Angehörigen keine Funktionen mehr erfüllt und sich innerhalb weniger Generationen komplett auflösen kann.

Die reiche und mächtige Sippe ist das idealtypische Bild, dass Arbonier sich von Kategorien wie "Abstammung", "Verwandtschaft", "Stamm" oder "Volk" machen. Daher glauben die Arbonier auch, der Stamm von Weltvater Natan zu sein, in ihm einen gemeinsamen Vorfahren zu haben und ihn verehren zu müssen, um als Gemeinschaft Glück zu haben.

Ein eigener Artikel liefert eine genauere Beschreibung des arbonischen Sippenwesens.

1.4: Der Heerverband

Die arbonische ist eine kriegerische Gesellschaft. Der Status des Einzelnen hängt nicht zuletzt von der Wehrfähigkeit ab. Seit je her wurde viel Krieg geführt. Auch wenn die Zeiten allmählich friedlicher zu werden scheinen, hat man sich weder daran gewöhnt, noch glaubt man daran, dass es von Dauer sein wird.

Die Edlen werden von Kindesbeinen an im Kriegshandwerk geschult. Das gilt für Mädchen genauso, wie für Jungen, auch wenn bei Jungen mehr Wert darauf gelegt wird. Edle, die sich als untauglich erweisen, werden so schnell wie möglich in ein Kloster gesteckt, ob sie nun dort zu höheren Weihen aufteigen, oder nicht.

Auch in jedem freien Haushalt gibt es mindestens eine Person, die jederzeit damit rechnen muss, zum Kriegsdienst eingezogen zu werden und regelmäßig an Manövern und Übungen teilnimmt.

Die Zahl der Menschen, die echte Kriegserfahrungen gemacht haben, nimmt ebenso stetig ab, wie der Anteil an der Gesamtbevölkerung, die im Ernstfall wirklich in den Krieg geschickt würde. Auch gibt es immer mehr Geistliche, die von allem Kriegsdienst befreit sind – vielen ist der bewaffnete Kampf sogar verboten. Aber trotzdem gibt es niemanden, der sich nicht irgendwie doch zu einem Heerverband zugehörig fühlt, selbst wenn zu erwarten ist, dass er nie kämpfen wird.

Dabei sind Heerverbände gar nicht so klar abzugrenzen, da es in Trigardon kein stehendes Heer gibt und man folglich auch nicht zu einer "Einheit" gehört, die einen "Corpsgeist" entwickeln könnte. Vergleichbares gibt es höchstens ansatzweise in speziellen Ausnahmefällen. Tatsächlich sind arbonische Heerverbände ziemlich wechselhafte Gebilde, die manchmal regional, manchmal überregional, manchmal anhand von "Waffengattungen" und meistens als Mischung anhand aller möglichen oder gar zufälligen Kriterien aufgestellt werden.

Eines weiß der Einzelne aber immer: Welchem Heerführer er unmittelbar zu folgen hat. Es ist nämlich der, der einen zu den Waffen gerufen hat. Und dafür kommen nicht viele Personen in Frage. Bei Wehrpflichtigen ist das der eigene Grundherr, das Sippenoberhaupt des Grundherrn oder der Lehnsherr des Grundherrn. Ausnahmslos jeder Wehrpflichtige hat einen Grundherrn oder eine vergleichbare Autoritätsfigur.

Bei Edlen ist die Sache etwas komplizierter. Da kann es der Grundherr sein, in dessen Haushalt man lebt, sein Sippenoberhaupt, das eigene Sippenoberhaupt, der Lehnsherr des Grundherrn, in dessen Haushalt man lebt oder dessen Lehnsherr (was in der Regel dann schon der Hochfürst ist). Daneben kann es sein, dass man als Edler dem Heerführer folgt, dem man sich aus irgendwelchen Gründen mehr oder weniger freiwillig verpflichtet hat.

Obwohl die Heerfolge bei Edlen auf den ersten Blick kompliziert erscheint, ist sie doch relativ übersichtlich. Jeder Adlige kennt die Heerführer, denen er verpflichtet ist persönlich oder ist ihnen zumindest schon mal begegnet, denn er wird beim Heranwachsen in die adelige Gesellschaft eingeführt. Dort lernt man sehr genau, zu wem welche Bindungen bestehen und kann sie mit Namen, Gesichtern und Ereignissen verbinden.

Auf der Ebene des Heeres wird die politische Gemeinschaft (etwa Baronie, Grafschaft und Reichsverband) am deutlichsten fassbar. Auf Heeresversammlungen bekommt man nicht nur die politischen Führungspersönlichkeiten zu Gesicht, sondern es ist auch die einzige Gelegenheit, zu der sich wirklich viele Menschen aus allen Reichsteilen am gleichen Ort einfinden können. Nur hier entsteht ein überregionales und reichsweites Zusammengehörigkeitsgefühl. Zudem ist "in den Krieg ziehen" sicherlich das erste, was einem Arbonier einfällt, wenn man ihn fragen sollte, was denn eine politische Handlung sei.

Eine genauere Beschreibung zum Heerwesen findet ihr hier.

1.5: Ordensverbände und sonstige politische Netzwerke

Neben der Zugehörigkeit zu einem oder mehreren Haushalten, einer Sippe und einem Heerverband gibt es noch weitere Kategorien, in denen eine soziale und politische Vernetzung stattfinden kann. Diese Netzwerke können von ihren Angehörigen durchaus als wichtiger empfunden werden, als Haushalt, Sippe und Heer. Aber sie heben deren Bedeutung nie ganz auf.

  • Jede regionale Vernetzung, seien es Dorfgemeinschaften, lokale Handelsnetze, Grundherrschaften und alles Andere ist aus den Grundbausteinen "Haushalte", "Sippen" und "Heerverbände" zusammengesetzt.
  • Geistliche und Leibeigene, denen Waffendienst verboten ist, sind über ihre Haushalte und Sippen trotzdem involviert, wenn ihre Angehörigen in den Krieg ziehen.
  • Viele Priester versuchen regelmäßig, sich dem Zugriff ihrer Sippenhäupter zu entziehen, vor allem bei Fragen von Partnerwahl und Ehe. Aber ohne konfliktreichen Machtkampf gelingt das nur selten.
  • Lehrzirkel oder geistliche Gemeinschaften entfalten ihre Wirkung nur dann, wenn seine Mitglieder sich versammeln. Ohne Strukturen (wie z. B. ein Kloster als gemeinsamer Haushalt) ist es schwer bis unmöglich, solchen Gruppen Dauerhaftigkeit zu verleihen.

Die größte politische Wirkung kann eine Interessengemeinschaft dann erzielen, wenn es ihr gelingt, zumindest teilweise die Funktionen der traditionellen Netzwerke zu erfüllen. Ein anschauliches Beispiel dafür bietet die Bruderschaft des Heiligen Danason, der das eindrucksvoll gelungen ist:

  • Sie hat ein Ordenskloster, das für jeden Bruder und jede Schwester einen Haushalt – häufig gar den einzigen – darstellt.
  • Der Heilige Danason ist ein wichtiger Stammesheiliger, heutzutage wahrscheinlich der wichtigste neben Weltvater Natan. Er wird verehrt, wie man sonst nur einen gemeinsamen Ahnen verehren würde. Ähnlich einem Sippenoberhaupt ist der Meister der wichtigste spirituelle Mittler zwischen dem Heiligen und der Ordensgemeinschaft.
  • Weil die Bruderschaft des Heiligen Danason ein Cirkaterorden ist, gelten für die meisten Brüder und Schwestern auch nicht die sonst für Geistliche üblichen Verbote bezüglich des Kriegsdienstes. Im Gegenteil: Dieser Orden stellt das dar, was einem stehenden Heer in Trigardon noch am nächsten kommt.

Die Geistlichkeit versucht seit geraumer Zeit, jenseits der traditionellen Netzwerke und den politischen Grenzen übergeordnet, die Vorstellung einer "Gemeinschaft der Gläubigen" in den Köpfen zu verankern. Es ist kaum feststellbar, zu welchen Ergebnissen das führt. Aber immerhin lässt sich bemerken, dass die Bedeutung des Begriffes "Barbar" nicht mehr nur einfach "Fremde" meint, sondern in der Regel nur noch auf Nicht-Siebengläubige angewendet wird.


2. Welchen Status hat der Charakter?

2.1: Geburtsstand, soziale Mobilität und Status

Jedes Individuum in Arbon – und überhaupt in allen trigardonischen Landen, unabhängig von Stamm, Grafschaft, Herrscher oder Reichsteil – ist in einen Stand hineingeboren, der das weitere Leben in erheblichem Maße bestimmt. Dennoch gibt es eine gewisse soziale Mobilität. Man sollte sich die trigardonischen Geburtsstände nicht als starres Kastensystem vorstellen, denn im späteren Leben kann man durchaus mehreren Ständen angehören. Man wird z. B. nicht in den Stand des Klerus hineingeboren, sondern tritt im Laufe seines späteren Lebens in ihn ein.

"Chancengleichheit" gibt es jedoch nicht! Jedes Individuum wird den Stand, in den es hineingeboren wurde, sein Leben lang behalten – mit wenigen, fast immer katastrophalen Ausnahmen. "Geburtsstand" ist ein OT-Behelfsbegriff, um diesen Sachverhalt zu beschreiben. Das, was die IT-Gesetze mit ihrem Standesbegriff meinen, ist nicht ganz identisch damit. Für die OT-Beschreibung kann man drei Geburtsstände unterscheiden: Edel, Frei und Sippenlos.

Der Status einer Person ist nicht identisch mit seinem Stand. Freie, die besonders reich sind, können den gleichen Status haben, wie Edle, die nichts besitzen. Wer verheiratet ist, hat einen höheren Status als jemand, der formal gleichrangig, aber ledig ist. Der Haushaltsvorstand hat einen höheren Status, als die Angehörigen des Haushaltes usw. usf. Der Status beschreibt also die Rangfolge in der sozialen Realität, die nicht immer identisch mit der juristischen Theorie ist.

Der Wunsch, sozial aufzusteigen, bezieht sich auf den Status, nicht auf den Stand. Das die Aufstiegschancen dabei extrem vom Status der Eltern abhängen, versteht sich von selbst. In Trigardon findet man das nicht "ungerecht", sondern "natürlich". Die Unterschicht erkennt das an! Auch wenn sie damit natürlich nicht glücklich ist, würde die Nichtanerkennung dieser Tatsache ein Leugnen der Realität bedeuten. Wer also gegen Geburtsrechte und Ständeordnung wettert, ist kein "gefährlicher Revoluzzer", sondern schlicht etwas verwirrt.

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2.2: Sippenlosigkeit

Kein Trigardone käme auf den Gedanken, Sippenlosigkeit als "Stand" zu definieren. Das jemand einen Stand hat, bedeutet nämlich, dass Derjenige etwas hat – und wenn es nur das Anrecht auf eine würdige Behandlung ist. Sippenlose aber haben nichts, sie sind die Ausgestoßenen der Gesellschaft.

Manche von ihnen haben das Glück, unter dem Schutz mächtiger Leute zu stehen und wie Leibeigene behandelt zu werden. Ihre Kinder werden dann stets Leibeigene bleiben. Sie haben keine Chance, dem Status ihrer Eltern zu entfliehen, jedenfalls nicht innerhalb der Normen, Regeln und Gesetze. Doch die meisten Sippenlosen sind schlechter dran: Völlig rechtlos, verflucht, ehrlos und zur Vogelfreiheit verurteilt. Als Tagelöhner, Diebe, Räuber und Waldbewohner fristen sie ein ärmliches Dasein und leben nicht lang.

Für die Darstellung eines Trigardonen ist es unangemessen, Sippenlosigkeit und Vogelfreiheit in Robin-Hood-Manier zu romantisieren. Man wird nicht für das Töten eines Hirsches zur Vogelfreiheit verurteilt (je nachdem, wo man ist, muss das noch nicht mal verboten sein), sondern für heimtückischen Mord, Verrat, Brandstiftung, Brunnenvergiftung etc. Vogelfreie gelten als Schwerverbrecher, nicht als arme Opfer einer ungerechten Justiz. Niemand hilft ihnen. Die Wildnis bietet den Einsamen und Besitzlosen keine reich gedeckte Tafel, sondern Raubtiere, giftige Beeren und tödliche Winterkälte. Dauerhaft kann nicht mal ein Flutländer allein überleben. Ausgestoßen zu werden, ist für Trigardonen das Schlimmste, was einem zustoßen kann. Sippenlose sind weniger als Nichts.

Sippenlose Charaktere sind zugleich die Einzigen, bei denen es plausibel ist, wenn sie nicht sozial eingebettet sind. Trotzdem müssen sie so tun können.

2.3: Leibeigenschaft/Hörigkeit

Leibeigenschaft (IT auch: "Hörigkeit") ist kein Geburtsstand. Hörigkeit muss nicht immer ein lebenslanges Schicksal sein. Hörige können von ihren Verwandten freigekauft oder von ihren Herren freigelassen werden. Sie sind auch nicht völlig rechtlos, sondern "nur" rechtlich unmündig/nicht geschäftsfähig. Wer also in Leibeigenschaft gerät, "hat seine Freiheit verloren", z. B. wegen hoher Schulden, die niemand für ihn bezahlen will oder weil er aus verschiedenen Gründen nicht mehr wehrtauglich ist bzw. weil niemand da ist, der rechtlich dazu in der Lage ist, seine Wehrpflicht zu übernehmen. Ob die Kinder von Hörigen ebenfalls Leibeigene sind, ist nicht ganz klar geregelt, richtet sich aber oft nach dem Status der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt.

Wer einen Hörigen spielt, muss sich bei der Gestaltung des Hintergrundes eigentlich nur Gedanken um seinen Haushalt machen. Nach seiner Sippe oder dem Heerverband seines Herrn wird dieser Charakter selten bis nie gefragt.

2.4: Frei geboren und edel geboren

Die überwiegende Mehrheit der Arbonier ist frei geboren, heiratet nur im Stand der Freien und vererbt diesen Stand an ihre Kinder. Wer im späteren Leben zusätzlich noch einem anderen Stand angehört, weil er z. B. durch Reichtum und kriegerische Tapferkeit in den Reiterstand (in der Sprache der IT-Gesetze: "Stand der Waffenprächtigen") aufsteigt oder weil er durch Aufnahme in eine geistliche Gemeinschaft zum Stand des Klerus gehört, vererbt diesen zusätzlichen Stand nicht an seine Kinder.

Wer frei geboren ist, kann nicht wirklich in den Adelsstand aufsteigen. Das Gesetz sieht zwar vor, dass Ritter oder Edelfrauen sich einen Knappen oder eine Zofe aus dem Stand der Freien suchen können und diese dann als Adelige anzusehen sind. Aber dies ist heutzutage extrem selten geworden und hat nur begrenzte Auswirkungen: Die Betreffenden werden niemals in den Rang eines Ritters oder einer Edelfrau aufsteigen und können ihren "Adel" auch nicht an ihre Kinder vererben. Endet das Dienstverhältnis, sind sie in doppelter Hinsicht wieder frei – persönlich und dem Stande nach.

Ehen zwischen Edlen und Freien werden selten geschlossen. Man tut das einfach nicht. Theoretisch wäre eine Ehe zwischen einem edel geborenen und einem frei geborenen Partner auf gewissen Umwegen zwar gesellschaftlich akzeptiert – etwa, wenn der Freie ein geweihter Priester ist oder wenn dem Edlen erlaubt wird, seinen Status als Edler aufzugeben – aber diese Situation hat sich seit Jahren nicht mehr ergeben.

Das Adlige uneheliche Kinder mit Freien haben, ist absolut unerwünscht, aber häufiger, als man annehmen würde. Sind solche Kinder erstmal geboren, werden sie meist auch akzeptiert. Unter Umständen toleriert man sogar die Lebensgemeinschaft der Eltern. Der Status dieser Kinder wird im Grenzbereich zwischen der untersten Stufe des Adels und der obersten Stufe der Freien angesiedelt, die Standeszugehörigkeit richtet sich nach der Mutter.

Nur wer edel geboren ist, qualifiziert sich dadurch zur Teilhabe an der Herrschaft. Jemand, der Ämter, Titel oder Lehen vergeben bzw. Vasallen Schutz gewähren kann, kann sich das Personal dafür nicht frei aussuchen. Im besten Fall kann er aus den Reihen der Edlen wählen. Daneben muss er stets die Interessen seiner Verbündeten und ihrer Netzwerke berücksichtigen. Das führt dazu, dass auch klerikale Machtpositionen meist von Geistlichen ausgefüllt werden, die adelig geboren sind.

Das fast alle Machtpositionen von Adeligen besetzt werden, bedeutet umgekehrt nicht, dass alle Adeligen Machtpositionen haben. Es gibt eine wachsende Schicht von Edlen ohne Amt, ohne Lehen und ohne Titel. Diese Männer und Frauen dienen mächtigeren Adeligen als Reiter, besitzen aber oft genug nicht mal ihr Pferd und ihre Waffen selbst, brauchen sich eigentlich gar keine Hoffnung auf eine Ehe zu machen und haben realpolitisch nichts zu sagen.

2.5: Ein Stufenmodell für den Status

2.5.1: Stand und Klasse

Die juristische Verregelung der arbonischen Ständegesellschaft hinkt der sozialen Realität hinterher, hat aber in den letzten Jahrzehnten aufgeholt. Das heißt, dass die Standesgrenzen immer deutlicher und undurchlässiger geworden sind. Je älter dein Charakter ist, desto eher ist es angemessen, die Grauzonen der Ständeordnung für die eigene Hintergrundgeschichte zu nutzen. Bei Charakteren, die jünger als Mitte 20 sind, sollten sich Ausnahmekonstruktionen wie "Aufstieg in den Adel" nur noch auf die Elterngeneration, nicht mehr auf die eigene Figur beziehen.

Das Recht wird zunehmend differenzierter. Das älteste Adelsedikt aus dem Jahr 22 war nicht mehr als eine Liste von Titeln und Privilegien. Das erste Corpus Iuris Trigardonis aus dem Jahr 25 erwähnt Adel, Lehns- und Hörigenverbände, ohne sie näher zu definieren. Das arbonische Ständeedikt aus dem Jahr 30 definiert drei Stände (Adel, Freie und Klerus) und die Neufassung des Corpus Iuris Trigardonis aus dem Jahr 34 zählt schon fünf Stände auf (Edle, Freie, Geistliche, Kundige und Waffenprächtige). Nicht alle dieser "Stände" sind im Sinne von Geburtsständen zu verstehen, manche würden wir heute eher als soziale Klassen beschreiben.

Insgesamt ist also die soziale Schichtung differenzierter als das Recht. Das im Kopf zu behalten, ist nicht unwichtig. Denn der Status, der dem Einzelnen von der Gesellschaft zuerkannt wird, ist kein Recht im Sinne von Gesetzen, sondern eine soziale Kategorie. Die Statusrangfolge schlägt sich im Rollenspiel direkt nieder, du solltest sie also kennen. Wenn dir die Erläuterungen unten zu lang sind, reicht es, folgendes Schema zu verinnerlichen:

Stufe 1 Tagelöhner: Leute, die zur Zeit nicht zu einem Haushalt gehören.
Stufe 2 Hörige, Knechte und Mägde: Leute, die in ihrem Haushalt nichts zu sagen haben.
Stufe 3 Kleinbauern ohne Grundbesitz: Leute, die einen kleinen Haushalt führen, ihn aber nicht besitzen.
Stufe 4 Kleinbauern mit Grundbesitz: Leute, die einen kleinen Haushalt führen und ihn besitzen.
Stufe 5 Die untere Oberschicht: Freie Sippenoberhäupter, Kriegerelite ohne Adelstitel, unfreie Edle (z. B. Knappen) und unfreie Geistliche (z. B. Mönche).
Stufe 6 Die politische Klasse: Alles mit Adelstitel und Priester. In sich nochmals hierarchisch gegliedert in:
  • Leute, die außer ihrem Titel nichts haben,
  • Grundherren und Amtleute,
  • Vasallen mit Erblehen und Amtleute mit Reichsbedeutung.












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2.5.2: Tagelöhner

Außerhalb der Gesellschaft sind die Vogelfreien und Sippenlosen. Man könnte sie als Nullte Klasse bezeichnen. Wenn sie sich aber trotzdem innerhalb der Gesellschaft bewegen wollen, müssen sie sich als etwas Anderes ausgeben. Realistischer Weise steht ihnen dafür der niedrigste Status der Gesellschaft zur Verfügung: Die Tagelöhner.

Nur Wenige haben diesen Status für eine lange Zeit, weil man sich nur saisonal mit Gelegenheitsarbeit durchschlagen kann. Jeder Tagelöhner muss wenigstens für den Winter eine feste Stelle als Knecht, Magd oder sonstwas finden oder eben dem Sippenoberhaupt auf der Tasche liegen. Für manche Leute ist das Tagelöhnerdasein auch die einzige Möglichkeit zu reisen. Junge Leute, die auf dem ärmlichen Hof der Eltern nicht mehr durchgefüttert werden können, schlagen sich auf der Suche nach einer Anstellung als Tagelöhner durch. Sie können dabei hier und da sehr willkommene Gäste und Arbeitskräfte sein, aber ihr Status leidet darunter, dass in ihren Reihen auch Fremde, Flutländer und Barbaren vertreten sind und sich zwischen ihnen häufig Vogelfreie verstecken.

2.5.3: Hörige, Mägde, Knechte

Auf der zweiten Stufe der Gesellschaft sind Hörige und freie Mägde und Knechte, sofern sie in Handwerk oder Landarbeit eingesetzt werden. Hörige aus dem unmittelbaren Umfeld Mächtiger können einen weit höheren Status haben. Die Leute auf der zweiten Stufe zeichnen sich dadurch aus, dass sie zu einem Haushalt gehören und innerhalb dieses Haushaltes die niedrigste Stellung einnehmen.

Nicht auf dieser Stufe stehen die Leibdiener titulierter Adeliger. Ihr Status hängt von ihrem Herrn bzw. ihrer Herrin ab und entspricht ungefähr dem eines Pagen, selbst wenn sie rechtlich gesehen Leibeigene sein sollten.

2.5.4: Pächter und Kleinbauern

Auf der dritten Stufe der Gesellschaft stehen die kleinbäuerlichen Pächter. Man kann natürlich auch "Pächter" und zugleich Großbauer oder Adeliger sein, indem man einen ganzen Großbetrieb gepachtet hat. Das ist hier aber nicht gemeint.

Der idealtypische arbonische Haushalt ist ein Hof mit Bauer und Bäuerin, drei arbeitenden Kindern und eventuell noch einem Knecht oder einer Magd. Die große Mehrheit der Arbonier lebt in diesen Verhältnissen. Es macht aber einen großen Unterschied, ob das Ackerland dieses fünf bis sieben Personenhaushaltes den Bauern gehört, oder nicht. Ist das Ackerland Eigenbesitz, kann der Hof vererbt und längerfristig gewirtschaftet werden. Sind die Bauern Pächter, können sie froh sein, über die Runden zu kommen und sind ständig von Verelendung oder Hörigkeit bedroht. Dieser Unterschied, den man gar nicht auf den ersten Blick sehen muss, entscheidet darüber, ob jemand auf der dritten oder der vierten Stufe gesellschaftlicher Anerkennung steht, ob man ihn "Pächter" oder "Bauer" nennt.

Die meisten Handwerker und Händler sind ebenfalls auf den Stufen drei und vier angesiedelt. Zum sozialen Status von Händlern und Handwerkern erfährst du hier mehr.

In der vollnomadischen Bevölkerung Arbons gibt es Stufe drei nicht. Die Weideflächen der Steppe sind niemandes Grundbesitz und Vieh wird nicht verpachtet.

2.5.5: Die untere Oberschicht

Auf der fünften Stufe gesellschaftlicher Anerkennung stehen Leute, die nicht nur eigenständig wirtschaften und über die Runden kommen, sondern echten Wohlstand anhäufen. Bauern oder Reiternomaden, die aufgrund ihres Besitzes Ausrüstung und Zeit für den Dienst als gepanzerte Reiterkrieger aufbringen können. In der Regel sind das die Sippenoberhäupter freier Sippen und/oder ihre direkten Verwandten. Nicht rechtlich, aber im Ansehen mit ihnen gleichgestellt sind besitzlose, untitulierte Edle im Reiterdienst. Auf ungefähr der gleichen Stufe stehen auch juristisch unfreie Edle und Geistliche: Mönche, Ordensschwestern, Pagen, Knappen, Zofen, Novizen, Akoluthen usw. usf.

Natürlich ist es problematisch, den Status dieser doch sehr verschiedenen Positionen noch in einen Topf zu werfen. Aber auf Stufe 5 bilden sich die Hierarchien ständig neu, je nachdem, in welcher Umgebung man ist und wie sich die Gruppe zusammen setzt.

2.5.6: Die politische Klasse

Auf der sechsten Stufe kommen dann die Edlen, Zauberkundigen und Geistlichen, die Titel und/oder Weihegrad besitzen, aber darüber hinaus keine Leitungsposition oder Grundherrschaft haben.

Auf der siebten Stufe kommen die belehnten Grundherren, Vorsteher der kleineren Klöster, Tempel und Ordensgemeinschaften, Leiter namhafter Institutionen etc.

Auf der obersten Stufe stehen die Barone, die mächtigsten Amtspersonen, Hohepriester, Vorsteher der Glaubenszentren und der Hochfürst.

Details zum politischen System und der Rangfolge des Adels findest du hier.


3. Wie alt ist der Charakter?

3.1: Wann sich ein genaues Geburtsjahr lohnt

Je nachdem, wie alt dein Charakter ist, hat er einen anderen Erfahrungshorizont. Das spielt nicht nur eine Rolle, weil jemand Älteres mit höherer Wahrscheinlichkeit mehr Verwantwortung trägt, als jemand Jüngeres. Je länger ein Charakter gespielt wird und je mehr Details sich in der Charaktergeschichte ansammeln, desto wichtiger wird es, sein Alter nicht nur ungefähr zu kennen. Es ist z. B. nicht denkbar, dass sich ein Trigardone mit Mitte 20 noch keine Gedanken ums Heiraten oder Kinder gemacht hat. Bei einem Charakter, der Älter als 30 ist, sind diese Fragen nämlich in irgend einer Weise schon beantwortet. Solltest du bespielte Verwandtschaft haben, dann kennen sie das Alter deines Charakters und umgekehrt. Bedenke auch, dass sich Trigardon in den letzten 50 Jahren stark gewandelt hat.

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3.2: Wann es sich lohnt, das Alter der Eltern zu wissen

Wenn dein Charakter irgend eine erbrechtliche Relevanz hat, z. B. direkte Erbin eines Sippenoberhauptes, dann macht er sich Gedanken darum, wann der eventuelle Erbfall eintrittt. Gerade bei Adelscharakteren, die als Kinder namhafter historischer Persönlichkeiten geplant sind, sollte auch ein Abgleich stattfinden, ob diese Abstammung überhaupt in den Bereich des biologisch Möglichen fällt und was das für das Alter des neuen Charakters bedeutet.

3.3: Welche Generationenerfahrungen gemacht wurden

Im realen Jahr 2014 schreibt man in Trigardon das Jahr 39 nach dem Martyrium des Heiligen Karoman (oder schlicht "n. K."). In den letzten 50 Jahren ist in Trigardon viel passiert. Die Stämme und das Reich haben eine bewegte Geschichte und es ist manchmal nicht unwichtig, sich zu überlegen, wie viel der eigene Charakter davon miterlebt hat.

Jemand, der sich noch bewusst an die Zeit vor dem Jahr 0 erinnern kann, also Älter als ca. 45 ist, ist möglicherweise kriegstraumatisiert oder kennt zumindest noch Zeiten permanenter Angst und Rechtlosigkeit.

Jemand, der nach dem Jahr 14 geboren wurde, also heute jünger als 25 ist, hat keine Erinnerungen mehr an die Zeit, in der es noch keinen trigardonischen Reichsverband gab.

Wer älter ist, erinnert sich vielleicht an Ereignisse, die man heute "historisch" nennen würde.

Wer älter als 30 ist, könnte selbst dabei eine Rolle gespielt haben.

Wenn dein Charakter aus adeligem Umfeld kommt, solltest du dir vor Augen halten, dass deine Eltern bestimmte Titel, Ämter und Funktionen in ihrer Jugend evtl. noch nicht gehabt haben können, weil es sie erst seit wenigen Jahren gibt.

Diese Überlegung gilt auch ganz besonders für geistliche Gemeinschaften. Vor 50 Jahren existierte nicht mal ein Klosterwesen, seit dem ist es aber expandiert wie Computerisierung und Internet in der realen Welt.

4. Welche Ziele hat der Charakter?

4.1: Persönliche Ziele und die Erwartungen der Gesellschaft

Dein Charakter ist die Hauptfigur in der Geschichte, die du im Liverollenspiel erleben willst. Demenstsprechend hat er eine Fülle von sich ständig ändernden Zielen. Den Mord aufklären, aus Gefangenschaft entkommen, ein warmes Abendessen bekommen, andere Charaktere von den eigenen Zielen überzeugen usw. Die Ziele deines Charakters ergeben sich in hohem Maße aus der jeweiligen Spieldynamik einer Veranstaltung. Um diese Ziele geht es hier nicht.

Einige Ziele ergeben sich aus der individuellen Charaktergeschichte und werden auch über die einzelne Veranstaltung hinaus verfolgt. Z. B. gibt die Rolle des Knappen eigentlich vor, dass er Ritter werden will. Das wird ihm vorgelebt, dafür wird er ausgebildet. Die Gesellschaft erwartet von ihm, Ritter werden zu wollen, selbst wenn er von niedriger Geburt oder über dreissig ist und er dieses Ziel wahrscheinlich nie erreicht. Seine Ziele ändern sich erst, wenn er einen anderen Lebensweg beschreitet – falls er das darf.

Manche Ziele setzt die Gesellschaft, selbst wenn dein Charakter sie gar nicht erreichen wollen würde, könnte er es sich aussuchen. Darum geht es hier. Welches sind die Ziele, von der die Allgemeinheit annimmt, dass du sie haben solltest?

4.2: Das "Kleine Glück"

Genauso, wie man heute in der realen Welt von uns erwartet, einen ordentlichen Beruf ausüben zu wollen und eine Familie zu gründen, erwartet man in Arbon etwas Äquivalentes von deinem Charakter. Nur ist die Freiheit des Einzelnen weitaus geringer. Das "Kleine Glück", für das die meisten Menschen in Arbon hart arbeiten, besteht darin, die Rolle von Mutter oder Vater in einem Haushalt ausfüllen zu können.

Diese Norm wird jedem Kind vorgelebt und man kann überall Leute finden, die auf dieses kleine Glück hoffen, selbst wenn sie genau wissen, dass die Hoffnung darauf völlig unrealistisch ist. Positive Gegenmodelle dazu werden nicht propagiert, sondern immer unter das Vorzeichen von "Verzicht" gestellt.

Wenn das Kleine Glück versagt bleibt, drohen keine schlimmen Konsequenzen. Es bleiben eben nur Anerkennung und Belohnung durch die Gesellschaft aus. Doch man sollte nicht unterschätzen, wie wichtig die Anerkennung sein kann, die einem für Haushalt und Kinder entgegen gebracht wird. Sie äussert sich darin, dass man als erwachsene Persönlichkeit ernst genommen und die eigene Meinung berücksichtigt werden muss. Das kleine Glück ist also auch die Voraussetzung für eine eigenständige politische Karriere.

In der realen Welt von heute wünschen sich Eltern nicht unbedingt, dass ihre Kinder selber schon Kinder bekommen, wenn sie noch keinen festen Beruf haben und noch nicht "auf eigenen Beinen stehen". In Arbon ist das ähnlich, aber anders. Sicher wollen einfache Pächter nicht zusätzliche Mäuler stopfen müssen, weil ihre Töchter unerwartet schwanger werden. Aber immerhin steigen damit auch die Chancen, sie verheiraten zu können. In Arbon gibt es nämlich eine Norm, die wir in der wirklichen Welt so nicht mehr haben: "Du sollst nicht unfruchtbar sein!"

Anders als beim Ausbleiben des Kleinen Glücks gibt es für Kinderlosigkeit reale Sanktionen in Form von Ausgrenzung. Es ist natürlich nicht so ohne weiteres möglich, die Unfruchtbarkeit eines Menschen zu beweisen. Theoretisch kann ja auch noch ein Wunder geschehen, indem eine 60-jährige noch ein gesundes Kind bekommt. Aber Kinderlosen wird mit zunehmendem Alter immer weniger zugetraut. Die hypothetische 60-jährige müsste erhebliche Ausgrenzung erdulden und täte gut daran, in ein Kloster einzutreten, um noch einen Rest gesellschaftlicher Anerkennung zu genießen.

Mit gutem Grund nimmt die Gesellschaft also an, dass dein Charakter zumindest ein einziges Kind bekommen will und darüber hinaus auch gerne heiraten und einen eigenen Haushalt führen würde. Deinem Charakter wurde von klein auf beigebracht, dass das erstrebenswerte Ziele sind. Je näher dein Charakter erbrechtlich zu seinem Sippenoberhaupt steht und um so reicher es ist, desto eher kann er erwarten, dass er sich gar nicht groß selber um das Kleine Glück bemühen muss. Denn dann wird schon rechtzeitig ein Haushalt gefunden werden, um das vielleicht schon seit frühester Kindheit arrangierte Heiratsversprechen einzulösen.

4.3: Sozialer Aufstieg

Die Versprechen der modernen Leistungsgesellschaft kennen Arbonier nicht. "Vom Tellerwäscher zum Millionär" ist kein arbonischer Lebensentwurf. Auch nicht als utopischer Traum, auch nicht im Fantasy, auch nicht für einen Helden. Gar nicht. Für Arbonier ist Statuszuwachs niemals die Leistung eines Einzelnen, sondern stets dem wohlmeinenden Schicksal, den Ahnen, den Göttern, den Fürsprechern und Verbündeten oder der Großzügigkeit einer Autorität zu verdanken. Es ist niemals etwas, "was man sich erarbeitet hat", sondern bestenfalls Belohnung für tugendhaftes Verhalten oder Heldentaten.

Die offizielle Moral erkennt sozialen Aufstieg nicht als erstrebenswertes Ziel an. Die Religion predigt, dass man für das dankbar sein soll, was man hat, statt mehr zu fordern. Heiraten, einen Haushalt führen und Kinder zu bekommen, ist das Ziel, das man anstreben soll. Daneben soll jeder seine Stellung in der Gesellschaft so gut wie möglich ausfüllen: Bauern sollen fleißig sein, Priester sollen fromm sein, Reiter sollen tapfer sein usw. Damit hat es sich.

Trotzdem wird Ehrgeiz nicht grundsätzlich verdammt. Der Wunsch nach Statuszuwachs und Reichtum ist weit verbreitet und wird eigentlich auch erwartet. Dass man mit Standesgleichen um Ansehen und Ressourcen konkurrieren muss, gehört zur Lebenswirklichkeit. Gesetze und religiöse Lehren können das nicht abschaffen, sondern nur regulieren. In gewissem Rahmen ist das Streben nach mehr also "erlaubt" und wird gefördert. Noch als legitim angesehen wird der Aufstieg vom Status der Eltern auf die nächst höhere Stufe. Damit ist allerdings auch das Ende der Fahnenstange erreicht. Erst die nächste Generation kann weiteren Statuszuwachs erhoffen, einen schnelleren Aufstieg weiß die Gesellschaft zu verhindern. "Abkürzungen" können aber durch außergewöhnliche Eheschließungen zustande kommen, nur eben nicht über Standesgrenzen hinweg.

Solltest du also den Aufstieg deines Charakters zu Ruhm, Macht und Reichtum (also über Stufe 5 hinaus) zum wichtigen Spielinhalt machen wollen, wählst du einen edel geborenen Charakter. In Adel und Klerus bieten sich dann alle Möglichkeiten mit Ausnahme der obersten Führungsschicht (Äbte, Hohepriester, Barone, Hochfürst, deren nähere Nachfolger, etc.). Soll dein Charakter in die oberste Führungsschicht aufsteigen können, sollte das schon bei Charaktererschaffung anhand der Verwandtschaft definiert und mit der Community abgesprochen sein.

Etwas dynamischer kann der soziale Aufstieg im Klerus sein. Durch Orakelspruch und ähnliche Zufälle kann man als Kind aus einfachsten Verhältnissen zum Schüler berühmter Lehrer werden. Durch Klugheit, Leistung und sonstige Zufälle kann man in geistlichen Gemeinschaften zu Autorität und Anerkennung gelangen. Aber auch im Klerus schaut man auf die Geburt. Zu richtiger politischer Macht gelangt auch hier nur, wer edle Ahnen hat. Auch solltest du bedenken, dass dein Charakter zwar bei ausreichender Frömmigkeit in eine geistliche Gemeinschaft eintreten kann, in der Regel aber nicht vorgesehen ist, dass man wieder austreten kann.

4.4: Norm und Lebenswirklichkeit

Das Versprechen auf das Kleine Glück kann Probleme aufwerfen. Es gibt z. B. mehr Edle, als mit standesgemäßem Haushalt versorgt werden können. Eine nennenswerte Anzahl von für den Krieg geschulten, schwer bewaffneten Personen bleibt etwas vorenthalten, was Leute unter ihrem Status viel leichter erreichen können. Andererseits liegt es für Edle relativ nahe, sich mit dem Kleinen Glück gar nicht so sehr zu identifizieren, wie es ihre Sippenoberhäupter gerne hätten. Mit adeligem Blut und guter Erziehung kann man in die Welt hinaus ziehen, Kriegsheld, berühmter Barde oder großer Gelehrter werden. All die ruhmreichen Ahnen aus den Heldengeschichten haben es ja vorgemacht. So ein Lebensweg bedeutet keinesfalls den Bruch mit Sippe und Elternhaus, sondern ist durchaus ehrenhaft. Er führt nur oft zur Einsicht, dass es gar nicht so schlecht ist, in das Leben unter der Fuchtel des Sippenoberhauptes zurückzukehren und weiter auf das Kleine Glück zu hoffen.

Nur Geistlichen wird die Ausnahme zuteil, für den "Verzicht" auf den eigenen Haushalt Anerkennung erlangen zu können und in gewissem Rahmen sogar vor Sanktionen für Kinderlosigkeit verschont zu bleiben (übrigens drohen auch Hörigen für Kinderlosigkeit keine Sanktionen). Zwar gibt es in der Siebenfaltigkeit generell weder Zölibat noch christliches Armutsideal, doch gibt es Geistliche, die ihre Demut in Form von demonstrativer Armut zeigen. Dazu kann dann auch Ehelosigkeit (nicht Enthaltsamkeit!) gehören. Von Geistlichen wird erwartet, dass sie sich vor allem einem persönlichen Ziel widmen: Ihrer Erleuchtung. Auch wenn die Realität oft anders aussieht und auch Priester ihre persönlichen Karrieren vorantreiben, Reichtum anhäufen oder Ruhm erlangen, gilt doch das Streben nach Erleuchtung neben dem Kleinen Glück als das Einzige, was Priester legitimer Weise für sich persönlich tun sollten. Alle anderen Bestrebungen haben das Wohl der Allgemeinheit zum Ziel – das gebietet jedenfalls die offizielle Moral.

Dein Charakter kann auch Ziele haben, die keinesfalls zu Statuszuwachs und Anerkennung führen, aber trotzdem von allen verstanden werden. So kann es natürlich sein, dass jemand eine arrangierte Ehe verhindern oder, wenn sie schon geschlossen ist, wieder scheiden lassen will. Gelingt dies, geht dem Charakter zwangsläufig Status verloren. Aber er wird nicht unbedingt dafür verurteilt. Die Norm behauptet zwar, dass man in der vom Sippenoberhaupt arrangierten Ehe glücklich ist. Aber jeder weiß, dass ein gerechtes Sippenoberhaupt auf die Wünsche der zu Verheiratenden eingehen sollte. Ein Charakterziel kann es auch sein, die Erlaubnis für die Hochzeit mit der großen Liebe zu bekommen.

Mit den Zielen, die die Gesellschaft deinem Charakter vorschreibt, solltest du im Spiel umgehen, als wären sie Naturgesetze und keine Konventionen. Dein Charakter kann einige davon gut finden, mit manchen kann er unglücklich sein und sie zu umgehen versuchen und dafür kann er wirksame oder völlig krude Pläne haben. Eines aber kann er nicht: Sie ändern. Beklagt er sich, weiß er sich stets DEN LEUTEN gegenüber, die an DEN SITTEN festhalten, selbst wenn DIE LEUTE im Spiel gar nicht repräsentiert werden. Tu so, also ob es sie gäbe und als ob du ihnen gegenüber machtlos wärst.